Taylor Fritz, Emma Navarro, Frances Tiafoe & Jessica Pegula stehen im Halbfinale der US Open 2024.

Die US Open sind das letzte der vier Major-Turnier des Jahres. Ausgetragen in Flushing Meadows, New York, kommen hier neben den besten Tennisprofis der Welt zu einem letzten großen Kräftemessen zusammen. Im größten Tennisstadion der Welt sammeln sich aber auch zahlreiche Tennisfans, die die Atmosphäre in der Weltmetropole so einzigartig machen. Es ist laut, voll und hektisch. Die Grundbedingungen für die Spielerinnen und Spieler sind deshalb vermutlich anders als bei den meisten anderen Tennisturnieren.

Nicht jeder kann in New York gewinnen.

„Es ist so viel, was auf dich zukommt. Eins ist klar: Es ist nie leise, nie ruhig und immer kunterbunt“, erzählte Mischa Zverev im Podcast „Volleys und Tweeners“ mit Matthias Stach. „Das ist manchmal zu anstrengend für die Spieler. Deshalb kann nicht jeder in New York gewinnen“, meinte der 37-Jährige, der seinen Bruder Alexander bei den US Open 2024 begleitete und selbst zwölfmal in Flushing Meadows antrat. Sein Credo: „Man muss es lieben und wenn du es nicht lieben kannst, dann musst du lernen es zu lieben. Sonst kannst du hier nicht erfolgreich spielen!“

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Auch Michael Stich, der 1994 im Finale gegen Andre Agassi verlor, sieht das ähnlich: „Die US Open sind das schwerste Grand Slam-Turnier zu gewinnen, weil es so vielfältige Anforderungen an die Spieler stellt.“

Gar nicht so verwunderlich also, dass es gerade die amerikanischen Tennisprofis bei den US Open schaffen, ihre Höchstleistungen abzurufen. Immerhin: Ein Großteil von ihnen kennt die Mentalität der lokalen Fans, ist mit eben dieser aufgewachsen und weiß die laute, unruhige Atmosphäre zu genießen.

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US Open 2024: 37 US-Profis im Einzel-Hauptfeld

Im vergangenen Jahr war es die US-Amerikanerin Coco Gauff, die bei den US Open Geschichte schrieb, als sie ihren ersten Grand Slam-Titel ausgerechnet auf heimischen Untergrund gewann. Der letzte männliche Sieger liegt hingegen schon 21 Jahre zurück. 2003 setzte sich Andy Roddick im Finale gegen Juan Carlos Ferrero in drei Sätzen durch. Seither warten die US-Herren auf den nächsten Erfolg in New York.

Mit der diesjährigen Ausgabe könnte sich das allerdings ändern. Die Quote der amerikanischen Tennisstars ist nämlich vielversprechend. Insgesamt 37 US-Profis, 21 Spielerinnen und 16 Spieler, standen im Hauptfeld der US Open, darunter auch zahlreiche Wildcard-Inhaber. Zum Vergleich: Aus deutscher Sicht waren gerade mal zehn DTB-Profis am Start, je fünf Damen und fünf Herren.

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Andy Roddick gewann als letzter Amerikaner die US Open im Jahr 2003. Er setzte sich in drei klaren Sätzen gegen Juan Carlos Ferrero durch.

Andy Roddick gewann als letzter Amerikaner die US Open im Jahr 2003. Er setzte sich in drei klaren Sätzen gegen Juan Carlos Ferrero durch.

Sieben der 37 US-Spielerinnen und Spieler zogen ins Achtelfinale ein, darunter vorneweg die Titelverteidigerin Gauff, auf der auch in diesem Jahr alle Hoffnungen lagen. Dass es am Ende aber vier andere Amerikanerinnen und Amerikaner sein würden, auf denen der Fokus in den letzten Runden liegt, überraschte vermutlich das ganze Land.

Denn Coco Gauff musste sich überraschenderweise im Achtelfinale ihrer Landsfrau Emma Navarro beugen. Navarro, 23 Jahre alt, aktuell Nummer zwölf der WTA-Weltrangliste, gewann Anfang des Jahres das 250er-Turnier in Hobart, Australien, erreichte bei den French Open das Achtelfinale und in Wimbledon das Viertelfinale. Kurz vor Start der US Open 2024 zog sie außerdem ins Halbfinale beim Masters-Turnier in Toronto ein. Die 23-jährige US-Amerikanerin spielte zwar durchweg eine beeindruckende Saison, kletterte seit Januar im Ranking von Platz 31 auf Rang 12, dass sie aber die amerikanische Dame sein würde, die die Turnierfavoritin Gauff aus dem Turnier wirft und ins Halbfinale einzieht, war wohl kaum zu erwarten.

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Mit 19 Doppelfehlern schied Titelverteidigerin Coco Gauff in der vierten Runde der US Open 2024 gegen Emma Navarro aus.

Mit 19 Doppelfehlern schied Titelverteidigerin Coco Gauff in der vierten Runde der US Open 2024 gegen Emma Navarro aus.

Doch Navarro ist nicht die einzige Amerikanerin, die das Halbfinale in Flushing Meadows erreicht hat. Auch Jessica Pegula, 30 Jahre alt und Nummer sechs im WTA-Ranking, schrieb ihre ganz eigene Geschichte in New York. Sechs Titel konnte Rechtshänderin in ihrer Karriere bereits gewinnen, zwei davon im Jahr 2024. Bei allen Grand Slam-Turnieren war für Pegula allerdings spätestens im Viertelfinale Schluss. Sechsmal erreichte sie seit 2021 die Runde der letzten acht, sechsmal scheiterte sie genau dort – bis zu den US Open 2024.

**Auch interessant: Jessica Pegula – "endlich" Halbfinalistin nach dem Sieg über die Nummer 1 der Welt**

Hier traf sie nämlich nach Siegen über ihre Landsfrauen Shelby Rogers und Sofia Kenin (in den ersten zwei Runden), und zwei weiteren Erfolgen gegen die Spanierin Jessica Bouzaz Maneiro und Diana Shnaider im Viertelfinale auf die Nummer eins der Welt, Iga Swiatek. Wieder erwartet brach sie ausgerechnet gegen die fünffache Grand Slam-Siegerin ihren Viertelfinal-Bann, besiegte Swiatek mit 6:2, 6:4 und zog erstmals in Halbfinale ein.

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In ihrem ersten Grand Slam-Halbfinale bekommt Pegula es mit Karolina Muchova zu tun. Sie spielen um den Platz im Endspiel am Samstag.

In ihrem ersten Grand Slam-Halbfinale bekommt Pegula es mit Karolina Muchova zu tun. Sie spielen um den Platz im Endspiel am Samstag.

Taylor Fritz & Frances Tiafoe im Fokus bei den US Open 2024

Ähnlich gut aufgestellt, wie die amerikanischen Damen sind auch die US-Herren bei den US Open 2024, wobei es hier nicht wie mit Coco Gauff, einen möglichen Titelanwärter im Draw gab. Zwar stehen mit Taylor Fritz, Ben Shelton, Tommy Paul, Sebastian Korda und Frances Tiafoe gleich fünf Amerikaner unter den besten 20 Spielern der Weltrangliste, als Turnierfavoriten konnten sie sich dennoch bislang nie herauskristallisieren. Zwar erreichten Tiafoe (2022 US Open), Paul (2023 Australian Open) und Shelton (2023 US Open) jeweils einmal ein Halbfinale bei einem Grand Slam-Turnier, aber vielmehr wurden diese Erfolge als „Überraschungen“ deklariert, als eine Favoriten-Rolle.

Bei den US Open 2024 standen dann mit Fritz, Paul, Tiafoe und Brandon Nakashima gleich vier Amerikaner im Achtelfinale. Während für Paul (gegen Jannik Sinner) und Nakashima (gegen Alexander Zverev) das Turnier beendet war, knüpften Fritz und Tiafoe an ihren Siegeslauf an. Der 26-jährige Fritz schaltete sowohl Matteo Berrettini (in Runde zwei) als auch Casper Ruud (im Achtelfinale) als schließlich auch Zverev in der Runde der letzten acht aus, um zum ersten Mal in seiner Karriere das Halbfinale eines Majors zu erreichen.

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Zum zweiten Mal in seiner Karriere erreichte Frances Tiafoe das Halbfinale der US Open.

Zum zweiten Mal in seiner Karriere erreichte Frances Tiafoe das Halbfinale der US Open.

US Open 2024: Der erste amerikanische Finalist seit Andy Roddick 2006

Frances Tiafoe legte den gleichen Weg wie Fritz hin, allerdings traf er gleich zweimal auf seine Landsmänner. In Runde eins setzte er sich gegen Aleksandar Kovacevic in vier Sätzen durch, in Runde drei traf er auf Shelton, den er in fünf Sätzen bezwang. Hinzu kamen unter anderem ein Sieg gegen den Australier Alexei Popyrin im Achtelfinale sowie ein Viertelfinal-Triumph gegen Grigor Dimitrov, der im vierten Satz allerdings verletzungsbedingt aufgeben musste,

Mit Tiafoe, Fritz, Navarro und Pegula stehen also nun gleich vier amerikanische Profis im Halbfinale. Bei den Herren ist klar: Es wird einen amerikanischen Finalisten geben, denn Fritz und Tiafoe spielen in der Runde der letzten vier gegeneinander. Der Gewinner des Halbfinal-Duells spielt dann im Endspiel entweder gegen Jack Draper oder Jannik Sinner um den ersten amerikanischen US Open-Titel bei den Herren seit Andy Roddick 2003.

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Rein-amerikanisches Endspiel bei den Damen?

Die Halbfinal-Konstellation bei den Damen sieht etwas anders aus. Während Jessica Pegula auf die Tschechin Karolina Muchova trifft, bekommt Emma Navarro es mit der amtierenden Australian Open-Siegerin Aryna Sabalenka zu tun. Mit etwas Pech könnte es dann keine amerikanische Finalistin geben, mit etwas Glück allerdings kann es auch zu einem rein-amerikanischen Endspiel kommen.

So oder so: Die amerikanischen Tennisfans werden bis zum letzten Spieltag am Sonntag (Finale der Herren) mit dem besten Tennis ihrer Nationalhelden unterhalten – ein amerikanischer Traum eben.