Aryna Sabalenka und Jessica Pegula stehen sich im Endspiel der US Open 2024 gegenüber.

Mit Aryna Sabalenka und Jessica Pegula treffen die Topfavoritin und eine Spätberufene im Finale der US Open aufeinander. Beide können den Finaleinzug als Highlight eines turbulenten Jahres werten.

Es war nur ein Punkt, der das zweite Halbfinale im Frauen-Einzel zwischen Jessica Pegula und Karolina Muchova vom Kopf auf die Füße stellte. Im zweiten Satz führte Muchova mit 6-1 und 2-0, hatte das Match derart beherrscht, dass Pegula hinterher im Interview meinte, den Tränen nahe gewesen zu sein, so peinlich berührt war sie ob ihrer Chancenlosigkeit. Beim Aufschlagspiel von Pegula hatte sich Muchova wieder einen Breakball erspielt. Wieder übernahm die Tschechin die Initiative des Ballwechsels nach ihrem Return, spielerisch leicht kam sie in die offensive Position. Ein Vorhand-Angriffsball war so gut gespielt, dass Pegula nur mit letzter Mühe noch Druck auf ihre Vorhand bekommen konnte. Der anschließende Volley von Muchova landete Zentimeter im Aus. „Das war ein großer Momentum-Wechsel zu dem Zeitpunkt“, so Pegula im Anschluss an das Match in der Pressekonferenz. „Danach konnte ich meinen Aufschlag halten und einen Weg finden, das Spiel zu gewinnen. Das Publikum hat mir danach sehr geholfen, Adrenalin aufzubauen.“

Advertising

Pegula fand ihr Spiel im ersten Satz gegen Muchova "peinlich". Am Ende machte sie sich und ihre Familie dann aber doch stolz, als sie erfolgreich zurückkam.

Pegula fand ihr Spiel im ersten Satz gegen Muchova "peinlich". Am Ende machte sie sich und ihre Familie dann aber doch stolz, als sie erfolgreich zurückkam.

Ich habe das Spiel, um Aryna zu frustrieren. Ich muss aggressiv spielen, sie bewegen, muss klug aufschlagen und versuchen, sie bei ihrem eigenen Aufschlag unter Druck zu setzen.

Im Finale steht Pegula zum achten Mal in ihrer Karriere Aryna Sabalenka gegenüber, die in den letzten Wochen unter Beweis gestellt hat, dass sie die Frau ist, die besiegt werden muss, um die US Open zu gewinnen. Sabalenka siegte gegen eine tapfer kämpfende Emma Navarro in zwei Sätzen. Dabei zeigte sie erneut auf, was sie derzeit so von der Konkurrenz abhebt. Sie hat neben ihrer enormen Power eine beeindruckende Präzision in den Grundschlägen. Es ist fast unmöglich für ihre Gegnerinnen, selbst die Initiative zu übernehmen. Über den Ausgang eines Matches entscheidet allein Sabalenka. Auch Navarro vermochte es nicht, für einen größeren Zeitraum als zwei Ballwechsel, die Oberhand im Match zu übernehmen. In diesen Tagen erinnert Sabalenka ein wenig an Serena Williams, die in ihren besten Zeiten auch selbst entschied, ob sie ein Match gewinnt oder verliert.

Das letzte Match zwischen Sabalenka und Pegula fand erst vor wenigen Wochen im Finale in Cincinnati statt. Damals gewann Sabalenka, unter anderem mit einer enorm starken Aufschlagsleistung, in zwei Sätzen. Doch Pegula ist sich sicher: „Ich habe das Spiel, um Aryna zu frustrieren. Ich muss aggressiv spielen, sie bewegen, muss klug aufschlagen und versuchen, sie bei ihrem eigenen Aufschlag unter Druck zu setzen.“

Advertising

In einem Jahr, in dem das Tennis von Highlight zu Highlight hechelte, stehen sich im Finale zwei Spielerinnen gegenüber, die 2024 erzwungene Auszeiten nehmen mussten und die jetzt, so scheint es, die frischesten Spielerinnen sind. Vier Grand Slams, die Olympischen Spiele. Dazwischen die Masters-Turniere, die Pflicht für die Top-Spielerinnen sind. Die Saison dauert 11 Monate, kaum Zeit zum Durchatmen. Den beiden Finalistinnen wurde die Entscheidung, für einen Teil der Saison zu pausieren, von ihrem Körper abgenommen.

Doch am Ende hat es mir auch gesundheitlich geschadet, weiterzuspielen. Im Nachhinein war die Pause durch die Schulterverletzung dringend notwendig.

Aryna Sabalenka hat ein mehr als turbulentes Jahr hinter sich. Als frischgebackene Siegerin der Australian Open erschien sie zu den zwei großen Turnieren in Indian Wells und Miami. Am Tag vor Turnierbeginn in Miami nahm sich ihr Ex-Freund Konstantin Koltsov das Leben. Sabalenka spielte trotzdem mit, siegte in der 1. Runde gegen Paula Badosa und verlor dann ein Match später gegen Anhelina Kalinina. Danach spielte sie ihren normalen Turnierkalender weiter. Erst beim WTA-Turnier in Berlin meldete sich ihr Körper endgültig. Die Schulter machte dicht. Sie musste Wimbledon absagen. Aus ihrer Sicht eine mehr als notwendige Pause, wie sie vor dem Auftakt der US Open dem „Guardian“ gestand: „Nach dem Selbstmord meines Ex-Freundes habe ich gedacht, ich muss einfach weitermachen, um auch mein Privatleben von meiner Karriere zu trennen. Doch am Ende hat es mir auch gesundheitlich geschadet, weiterzuspielen. Im Nachhinein war die Pause durch die Schulterverletzung dringend notwendig.“

Advertising

In Wimbledon konnte Aryna Sabalenka 2024 verletzungsbedingt nicht antreten.

In Wimbledon konnte Aryna Sabalenka 2024 verletzungsbedingt nicht antreten. 

Sabalenka als Favoritin im US Open-Finale 2024

Pegula ihrerseits hatte im ersten Halbjahr 2024 mit einigen Krankheiten und Verletzungen zu kämpfen. Die French Open sagte sie noch ab, da sie zu dem Zeitpunkt erst einige Tage wieder voll trainiert hatte. Dazu kam, dass sie sich nach den Australian Open von ihrem langjährigen Coach David Witt getrennt hatte. Eine Entscheidung, die sowohl bei Witt als auch bei Beobachtern für Überraschung gesorgt hatte. Immerhin hatte sie der Zusammenarbeit mit Witt ihren Aufstieg in die Top10 zu verdanken gehabt. Seit März arbeitet die US-Amerikanerin mit Mark Merklein und Mark Knowles zusammen. Mit jetzt einsetzendem Erfolg. Nach einem Turniersieg im Steffi-Graf-Stadion in Berlin und ernüchternden Turnieren in Wimbledon und bei den Olympischen Spielen kam sie pünktlich zur nordamerikanischen Hartplatzsaison in Topform. Turniersieg in Toronto, Finaleinzug mit der Niederlage gegen Sabalenka in Cincinnati und jetzt die Revanche gegen die Belarussin.

Sabalenka wird die Favoritin am Samstagnachmittag New Yorker Zeit sein. Pegula wird nicht nur ihre Topform brauchen. Das Publikum darf gerne noch mal helfen, Adrenalin in ihren Körper zu pumpen.