Tim Puetz & Kevin Krawietz glänzen beim Davis Cup mit einer 10:1-Bilanz im Doppel.

Zum zweiten Mal war der deutsche Doppel-Star Tim Pütz bei den Olympischen Spielen dabei. Er sagt: "Für mich war es das erste Mal ein richtiges Olympia-Feeling." Wie er die Woche in Paris und das Leben in der Männer-WG erlebt hat, erzählt er im Gespräch mit Tennis Channel. Außerdem spricht er über die anstehenden Wochen auf der Tour, die für ihn und Doppelpartner Kevin Krawietz sehr herausfordernd werden könnten.

So lebte die deutsche Herren-WG in Paris

Drei Tage vor der großen Eröffnungsfeier in der französischen Hauptstadt traf Team Deutschland im Olympischen Dorf in Paris ein, darunter auch Tim Pütz. Gemeinsam mit den anderen fünf deutschen Herren teilte er sich eine kleine Wohnung in den olympischen Einrichtungen. "Wir hatten ein Sechser-Apartment für die Herren mit einem Wohnzimmer, das quasi ein Aufenthaltsraum war. Im Vergleich zu Tokio war der Raum relativ groß bemessen”, berichtet der 36-Jährige im Gespräch mit Tennis Channel. In diesem Aufenthaltstraum befand sich unter anderem ein Sofa sowie ein Fernseher. “Dann gab es drei verhältnismäßig kleine Schlafzimmer, wo jeweils zwei Betten drin standen. Das heißt, wir hatten drei Doppelzimmer für die sechs Leute. Sascha Zverev und Maxi Marterer waren zusammen im Zimmer, Dominik Koepfer mit Kevin Krawietz und Struffi und ich haben uns einen Raum geteilt”, so Pütz.

Wie es zu dieser Raumaufteilung kam, war von vorne rein – ohne dass es einer Absprache bedurfte – recht klar. Denn in fast genau der gleichen Konstellation fand sich die Mannschaft bereits vor drei Jahren bei den Olympischen Spielen in Tokio ein. Viel Zeit verbrachte das deutsche Herren-Team aber nicht in der Wohngemeinschaft. “Es war sehr warm, deshalb waren wir auch häufig vor der Tür”, so Pütz. In der Wohnung selbst waren Pütz & Co. meist zum Schlafen, zwischendurch verfolgten sie über den Fernseher die anderen olympischen Disziplinen.

Tim Pütz: "Struffi stiftet viel Verwirrung beim Kartenspielen"

“Es gab sozusagen einen Paris-Olympia-Kanal auf dem Fernseher, wo alle Sportarten, die gerade laufen, für uns übertragen wurden. Es war ohne Kommentar, also kein großer öffentlicher Broadcast, sondern einfach nur wie ein Livestream der Events. Gerade, wenn wir wussten, dass andere Deutsche im Einsatz waren, beispielsweise die Handballer oder Handballerinnen, irgendein Tischtennis- oder Badmintonspieler, Surfer oder was auch immer, haben wir uns das angeschaut. Der Fernseher lief im Grunde ständig”, erzählte Pütz.

Eine Tradition in der deutschen Herren-Mannschaft – sei es im Olympischen Dorf oder bei Davis Cup-Veranstaltungen: Karten spielen. “Wir haben viel ‘Wizzard’ gespielt”, so der Doppelspieler. “Da schneidet Struffi im Großen und Ganzen ganz gut ab, weil es so eine Verwirrung stiftet, dass er sich das selbst zu Nutzen machen kann”, sagte Tim Pütz schmunzelnd. “Meist spielen wir aber relativ einfache Spiele, wo jeder mal gewinnt. Es geht uns ja primär um den Spaß!”

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Denkt man zurück an die Herren-WG in Tokio, so kommen einem häufig charmante Bilder in den Kopf, beispielsweise jene von Pütz & Co, wie sie etwas hilflos versuchen die deutschen Wappen auf ihre T-Shirts zu bügeln. “In diesem Jahr waren wir deutlich geübter”, berichtet der 36-Jährige. Die T-Shirts konnten die Jungs abgeben, sodass alle Bügel-Arbeiten extrern erledigt werden konnten. Lediglich Zverevs Stirnbänder kamen zu spät an, sodass die DTB-Herren selbst Hand anlegen mussten. “Wir haben sehr routiniert und schnell gearbeitet”, so Pütz.

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"Beim nächsten Mal machen wir das genauso!"

Auch an die Schlafgewohnheiten aller Teammitglieder haben sich die Davis Cup-Spieler angepasst. Pütz erzählt: “Wir haben das sehr gut hinbekommen und alle Rücksicht aufeinander genommen. Ich als Frühaufsteher habe mir morgens Mühe gegeben, nicht so laut zu sein. Wenn Sascha dann abends mal länger unterwegs war und die anderen schon geschlafen haben, war er eben auch leise. Es hat alles gepasst. Es war cool in der WG und ich bin sicher, wir würden das bei den nächsten Olympischen Spielen wieder genauso machen wollen.”

Zum Essen fand sich das DTB-Team dann entweder auf der Tennisanlage im Stade Roland Garros ein oder sie besuchten die Mensa im olympischen Dorf. “Andere Sportler aus Deutschland hat man dort ganz gut an ihren Trikots erkannt. Heißt: Wir haben uns in der Mensa auch gerne mal mit ihnen zusammengesetzt. Häufig war dann die erste Frage: ‘Was macht ihr eigentlich für einen Sport?’”, berichtet der Doppel-Spezialist.

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Die Eröffnungsfeier für Tim Pütz ein "saucooles" Erlebnis

Die ersten Tage bei den Olympischen Spielen nutze Pütz hauptsächlich zur Vorbereitung auf das Tennisturnier, das am Samstag starten sollte. Doch bevor genau dieses losging, stand noch ein großes Event auf dem Programm: die Eröffnungsfeier. “Am Freitagnachmittag sind wir alle zusammen auf dem Boot mitgefahren und gut nass geworden”, lacht der Deutsche. “Ich glaube, jede Eröffnungsfeier, egal, wo sie stattfindet, ist erstmal saucool, ein tolles Erlebnis!”

Wie Pütz die Eröffnunsfeier erlebt hat, erzählt er im Detail: “Im Grund war die ganze Stadt Paris abgeriegelt. Auf dem Boot selbst haben wir nicht ganz so viel mitbekommen, wie vielleicht die Zuschauer zu Hause am Fernseher. Wo gerade Lady Gaga oder Snoop Dogg auftreten oder ob wir im Fernsehen gezeigt werden und vielleicht nochmal mehr winken müssten, haben wir nicht mitbekommen. Aber wir haben uns trotzdem gefreut, viel geredet und gewunken. Es war total schön und toll. Dadurch, dass Sascha zu den Basketballern und Dennis Schröder einen Bezug hatte wegen dem Fahnenträger-Thema, haben wir uns immer mal wieder unterhalten und ausgetauscht. Es war also sehr entspannt, kollegial und freundschaftlich.”

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Zur weiteren Feier am Eiffelturm ging es für Pütz und den Großteil des deutschen Teams aber nicht weiter. “Nach den ersten paar Kilometern auf dem Boot waren wir pitsch-nass, deshalb wollten wir dann nur noch zurück ins olympische Dorf”, so Pütz. Für Angelique Kerber ging es aber noch weiter zur wohl bekanntesten Sehenswürdigkeit in Paris. “Ich glaube, das war etwas, was sie bei ihren letzten Olympischen Spielen einfach nicht verpassen wollte. Sie wollte alles noch einmal aufsaugen. Sie war am nächsten Tag noch hellauf begeistert von der Show”, gibt Pütz Einblicke.

Nach der ganzen Euphorie am Freitagmittag- und Abend war dann für Team Deutschland aber wieder höchste Konzentration und Fokus angesagt. Denn am Samstag startete bereits der Tenniswettbewerb. “Dadurch, dass es am ersten Tag alles verregnet hatte, war der Spielplan am Tag zwei sehr komprimiert”, so Pütz. “Also war jeder gut beschäftigt, sich auf seine Spiele vorzubereiten, gerade weil Struffi, Dom und Sascha mehrere Disziplinen gespielt haben. Unsere Pläne waren sehr voll.” Deshalb blieb den deutschen Herren nur selten Zeit, sich die Matches ihrer Team-Kollegen anzuschauen und diese zu unterstützen. “Einmal haben wir bei Dom (Anm. der Red. Dominik Koepfer) das Ende vom Match gegen Milos Raonic geschaut, weil wir gerade fertig geworden sind. Sonst habe ich nie groß am Platz gesessen. Aber nicht, weil ich nicht wollte, sondern einfach weil es zeitlich nicht hingekommen ist”, berichtet Pütz.

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"Es war leidenschaftlich und laut"

Pütz spielte sich mit Doppelpartner Kevin Krawietz bis ins Viertelfinale am Mittwoch. Dort bekamen sie es mit den Tschechen Tomas Machac und Adam Pavlasek zu tun. Im Tiebreak mussten sie die Partie schließlich mit 5:10 abgeben. “Wir sind natürlich nicht unfassbar happy, dass wir keine Medaille mitbringen konnten und im Viertelfinale verloren haben”, sagt Pütz. “Klar, haben wir uns Chancen ausgerechnet, weit zu kommen. Aber wir haben ordentlich gespielt, hatten solide Leistungen, zwei gute Matches in den ersten Runden und das Viertelfinale war auch kein Katastrophen-Match.”

Pütz erzählte, dass für ihn trotz der Niederlage eindeutig das Positive dieser Erfahrung überwiegt. Denn auch die Stimmung auf der Anlage auf der sonst die French Open stattfinden, sei “sensationell” gewesen. “Es war sehr viel los, richtige Olympia-Stimmung, wie man sich das vorstellt”, berichtet er. “Es war sehr fair untereinander, trotzdem leidenschaftlich und laut, aber in keiner Art und Weise übertrieben, auch als wir in der zweiten Runde gegen die Franzosen gespielt haben”, sagt er. Was er meint: Das französische Publikum ist während der French Open dafür bekannt, sehr parteiisch und teilweise unfair gegen die Gegnerinnen und Gegner ihrer Lokalmatadoren zu agieren. “Diesmal war das aber überhaupt nicht so”, beschreibt Pütz die Stimmung: “Insgesamt war es ein tolles Sportfest!”

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Große Herausforderungen für Tim Pütz & Kevin Krawietz – aber ein erklärtes Ziel

Nach den Olympischen Spielen blieb Pütz und Doppelpartner Krawietz allerdings wenig Zeit, die Erfahrungen sacken zu lassen und Energie zu tanken. Denn schon wenige Tage später reisten die beiden weiter nach Montreal in Kanada, um dort bei dem Masters-1000-Event anzutreten. “Olympia war eine tolle Erfahrung, nichtsdestotrotz kostet das sehr viel Energie. Der Spielkalender lässt es leider nicht zu, dass man mal kurz die Füße hochlegen kann.” Anfänglich waren beide noch unsicher, ob sie vielleicht auf den Start bei dem Event verzichten würden, weil es wichtig sei, “nicht mit leerer Batterie zu spielen”. Das tückische an dieser Situation sei nämlich, dass “ein Highlight auf das nächste folgt”. Nach dem Masters-Turnier in Montreal steht ein weiteres 1000er-Event in Cincinnati an. Pütz: “Dann ist eine Woche frei, beziehungsweise das 250er-Turnier in Winston-Salem, wo wir aller Voraussicht nach nicht spielen werden. Danach sind die US Open und direkt im Anschluss ist Davis Cup in China.” Für das Top-Ten-Doppel bedeutet das: “Die nächsten Wochen werden sehr intensiv und zährend. Eigentlich ist jetzt keine Woche dabei, die turniertechnisch nicht ganz so wichtig, sodass wir sie locker angehen könnten.”

Denn das deutsche Erfolgsdoppel hat bis Ende der Saison 2024 ein erklärtes Ziel: “Wir wollen uns für die ATP Finals in Turin qualifizieren”, so Pütz. “Wir haben uns eine gute Ausgangsposition geschaffen und ganz gut Punkte gesammelt, ohne dass irgendwo ein großer Coup dabei gewesen ist. Wir haben es gemacht, wie sehr fleißige Eichhörnchen, häufig gut und erfolgreich gespielt. Wir waren einfach konstant.”

Aktuell belegen Pütz und Krawietz im Race to Turin Platz Nummer sechs. In der offiziellen Weltrangliste im Doppel stehen beide auf Rang 21. Beim bevorstehenden Masters-Turnier in Montreal gehen sie als das an Position zehn gesetzte Doppel an den Start. Ihre ersten Gegner: die Wildcard-Inhaber Liam Draxl und Benjamin Sigouin aus Kanada.