Jannik Sinner – Reaktionen auf seine Sperre

Nach einem Prozess, der nun mittlerweile fast ein Jahr andauerte, verkündete die Welt-Anti-Doping-Agentur, kurz WADA, am Samstag, dass sie sich mit Jannik Sinner auf eine dreimonatige Sperre geeinigt habe. Im vergangenen Jahr im März wurde der Südtiroler gleich zweimal positiv auf die verbotene Substanz „Clostebol“ getestet. Allerdings wurden die Testergebnisse erst im August, kurz vor den US Open offiziell bekannt gegeben.

Nachdem Sinner vorerst freigesprochen wurde, mit der Begründung, dass die Substanz ohne sein Wissen in seinen Körper gelangt war, legte die WADA Berufung ein. Eine Verhandlung über eine Sperre von bis zu zwei Jahren sollte im Ursprung im April stattfinden. Da sich die beiden Parteien aber nun auf eine dreimonatige Sperre für Sinner geeinigt hatten, zog die WADA diesen Berufungsantrag.

Bereits seit der Veröffentlichung von Sinners positiven Dopingproben reagierten seine Tourkolleginnen und Tourkollegen gespalten. Während einige an die Unschuld des Weltranglisten-Ersten glauben und ihm ihre Unterstützung beipflichteten, stellten wieder andere den Entscheidungsprozess im Fall Sinner in Frage.

Vor allem jetzt, nachdem die dreimonatige Sperre für den Australian-Open-Sieger feststeht, entbrannten wieder die nächsten Diskussionen auf verschiedensten Social-Media-Plattformen, ebenso wie in verschiedenen Pressekonferenzen.

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So reagieren Sinners Tourkolleginnen- und Kollegen auf seine dreimonatige Sperre

Eines der ersten Statements folgte kurz nach der Bekanntgabe von Stan Wawrinka, der kurz und knapp auf X (ehemals Twitter) schrieb:

Ich glaube nicht mehr an einen sauberen Sport…

Wawrinkas Position dürfte damit sehr klar sein. Der Ex-Profi Feliciano Lopez widersprach ihm allerdings deutlich. „Ich glaube noch immer daran, Stan“, schrieb der Spanier. „Es ist ganz klar, dass er nichts getan hat, um seine Leistung zu verbessern, das ist bewiesen. Er übernimmt die volle Verantwortung für die Fehler anderer und wurde deshalb für drei Monate gesperrt. Eine längere Sperre hätte den Sport sauberer gemacht? Das glaube ich nicht.“

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Sinners Landsmann Matteo Berrettini pflichtete dem gesperrten Profi genau wie Lopez bei. „Ich habe ihn immer unterstützt und werde auch jetzt nicht damit aufhören“, so Berrettini. Weiter führte er aus:

Er bezahlt für einen Fehler. Es tut mir leid für ihn. Aber ich habe keinen Zweifel, dass er stärker zurückkommen wird.

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Nick Kyrgios über den Fall Sinner: „Fairness im Tennis gibt es nicht!“

Während es beispielsweise Alcaraz bevorzugte, sich nicht über die Dopingsperre seines direkten Konkurrenten zu äußern, fand Nick Kyrgios in gewohnter Manier viele Worte. Wie kritisch er das ganze Szenario betrachtete, machte er bereits im August deutlich. Kurz vor den Australian Open hoffte er noch darauf, gegen Sinner spielen zu können. Dementsprechend fiel seine Kritik erneut sehr deutlich aus.

An die künftige Generation von Tennisspielern — nach dem heutigen Tag könnt ihr dopen, ohne es zu wissen. Lasst euch positiv testen, alle Untersuchungen über euch ergehen und begnügt euch dann mit einer bequemen drei-monatigen Sperre, ohne dass euch Geld oder Titel aberkannt werden und macht einfach weiter.

Weiter schrieb er: „Ein trauriger Tag für mich — jemand, der diesen Sport betreibt, seit ich 7 Jahre alt war. Ich kämpfte mit einer Verletzung nach der anderen und habe eine Menge für diesen Sport getan. Ich bete, dass die Kinder, die diesen Sport spielen, es richtig machen.“

Neben zahlreichen Kommentaren, die Kyrgios auf der Plattform „X“ hinterließ, folgte auch ein weiteres Statement: „Die Wada hat sich also geäußert und gesagt, dass es eine Sperre von 1 bis 2 Jahren geben würde. Offensichtlich hat das Team von Sinner alles in seiner Macht stehende getan, um eine 3-monatige Sperre zu kassieren, ohne Titelverlust und ohne Preisgeld. Schuldig oder nicht? Ein trauriger Tag für den Tennissport. Fairness im Tennis gibt es nicht.“

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Medvedev scherzt aber kritisiert, Pegula bemängelt die Fairness

Ganz ernst konnte Daniil Medvedev, der im Halbfinale von Marseille am Samstag ausgeschieden war, bei der Frage nach Sinner nicht bleiben. Sein Kritikpunkt, den er ironisch erklärte, ist allerdings deutlich: „Ich hoffe, dass von nun an jeder mit der WADA sprechen kann. Wenn sie dir sagen: 'Wir haben das gefunden, es sind 2 Jahre Sperre', antwortet man: 'Nein, ich will einen Monat (lacht). Ich hoffe, das ist ein Präzedenzfall. Sonst wäre es ja seltsam.“

Ziemlich deutlich wurde auch die US-Amerikanerin Jessica Pegula, die beteuerte, von dem Ganzen nicht mehr wirklich überrascht zu sein: „Ich bin nicht wirklich schockiert, dass es eine Einigung gibt. […] Es scheint keinen Sinn zu machen“, sagte sie.

Meine Reaktion ist, dass, egal ob man denkt, dass er es getan hat, oder nicht, oder auf welcher Seite man steht, der Prozess scheint einfach überhaupt kein Prozess zu sein.

Dabei kritisierte die US-Amerikanerin besonders den Ablauf der Ereignisse. „Es scheint so zu sein, dass sie einfach irgendwelche Entscheidungen und Faktoren in Betracht ziehen und dann ihr eigenes Urteil fällen. Ich verstehe wirklich nicht, wie das für die Athleten und Spieler fair sein soll, wenn es einfach so viele Ungereimtheiten gibt und man keine Ahnung hat.“

Ich glaube nicht, dass einer der Spieler im Moment überhaupt Vertrauen in den Prozess hat. Null. Es sieht einfach schrecklich aus für den Sport, wenn es so viel Ungereimtheit bei den Spielerentscheidungen gibt. In den letzten Jahren schien es keine Logik und keinen Grund für diese Entscheidungen zu geben.

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Iga Swiatek: „Die Zeit, in der ich suspendiert war, war unwirklich“

Eine andere Position vertritt hingegen Iga Swiatek, die selbst kürzlich einen positives Dopingtest-Ergebnis erhalten hatte. „Ich vertraue darauf, dass der Prozess am Ende fair verlaufen ist“, sagte die Weltranglisten-Zweite. Dabei schilderte sie auch den Ablauf ihres eigenen Verfahrens. „Wir haben alles getan, was nötig war und uns an die Anweisungen gehalten, so dass es für die WADA keinen Raum und keinen Grund gab, Einspruch zu erheben.

Swiatek selbst erhielt eine kurzweilige Sperre, während der Off-Season, stand also rechtzeitig zu den Australian Open 2025 wieder auf dem Court. In ihrem Statement, in der Auftakt-Pressekonferenz in Dubai erinnerte sie sich zurück: „Ich wusste von Anfang an, dass es sich um eine Kontamination handelt. Die ganze Zeit, in der ich suspendiert war, war für mich etwas ziemlich Unwirkliches und etwas, das ich nicht verstehen konnte. Aber so ist das nun mal.”

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Bei Sabalenka und Gauff überwiegt die Unsicherheit

Während bei den meisten Profis der Unmut wächst, gab es aber auch zwei Spielerinnen, die ihre Unsicherheit zum Ausdruck brachten. Aryna Sabalenka und Coco Gauff schilderten kurz vor ihrem Turnierstart in Dubai, wie verunsichert sie in ihrem Alltag seien, aus Angst versehentlich verbotene Substanzen zu sich zu nehmen.

„Man fängt an, vorsichtiger zu sein“, erklärte Sabalenka in Bezug auf die Dopingfälle von Sinner und Swiatek. „Früher war es mir egal und ich habe mein Glas Wasser stehen lassen, um in einem Restaurant auf die Toilette zu gehen. Jetzt werde ich nicht mehr aus demselben Glas Wasser trinken.“

Ihre direkte Verfolgerin auf dem zweiten Weltranglisten-Platz sowie Jannik Sinner nahm sie in Schutz: „Ich glaube nicht wirklich, dass sie etwas getan haben. Aber ich glaube, dass man sich vor allem, was einen umgibt, zu sehr schützen muss. Man wird zu ängstlich vor dem System. Ich weiß nicht, wie ich diesem vertrauen kann.“

Inwieweit sich das auf ihren Alltag auswirkt, erklärt sie: „Manchmal bitte ich mein Team, Essen für mich zu bestellen, nur um sicherzugehen. Ich fühle mich nicht mehr sicher.“

Coco Gauff erlebte ein ähnliches Szenario, in dem sie sich hilflos fühlte, als sie krank war und machte daher einen Verbesserungsvorschlag: „Ich erinnere mich an ein Mal, als ich krank war und nicht wusste, was ich nehmen sollte. Zwei oder drei Tage später bekam ich eine Antwort. Zu diesem Zeitpunkt brauchte ich es nicht mehr.

Aber ja, ich denke definitiv, dass der Prozess aktueller sein muss, wenn es darum geht, dass die Spieler wissen, was sie einnehmen können und was nicht.

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Genau wie Jannik Sinner belegt Aryna Sabalenka aktuell Platz eins der Weltrangliste. Seine Kontamination mit der verbotenen Substanz Clostebol sowie die von Iga Swiatek im vergangenen Jahr schüren bei Sabalenka nun große Unsicherheiten.

Genau wie Jannik Sinner belegt Aryna Sabalenka aktuell Platz eins der Weltrangliste. Seine Kontamination mit der verbotenen Substanz Clostebol sowie die von Iga Swiatek im vergangenen Jahr schüren bei Sabalenka nun große Unsicherheiten.

PTPA: "Eine tiefe Respektlosigkeit gegenüber dem Sport und seinen Fans!"

Ein umfangreiches Statement folgte am Montag nun auch von der PTPA, der sogenannten Professional Tennis Players Association. Dies ist eine Vereinigung männlicher und weiblicher Tennisspieler, die von Vasek Pospisil und Novak Djokovic ins Leben gerufen wurde.

Die PTPA bemängelte vor allem den Ablauf und die Transparenz des Falls. „Ganz gleich, auf welcher Seite man steht, einige Dinge sind jetzt klar. Das „System“ ist kein System. Es ist ein Verein. Der angebliche Ermessensspielraum von Fall zu Fall ist in Wirklichkeit nur ein Deckmantel für maßgeschneiderte Deals, unfaire Behandlung und uneinheitliche Urteile“, hieß es in einem Statement.

Es geht nicht nur um die unterschiedlichen Ergebnisse für verschiedene Spieler. Es ist der Mangel an Transparenz. Das Fehlen von Verfahren. Das Fehlen von Beständigkeit. Der Mangel an Glaubwürdigkeit in der Buchstabensuppe der Behörden, die für die Regulierung unserer Sportarten und Athleten zuständig sind.

Die PTPA führte auch an, dass die verschiedenen Organisationen wie die ATP, die WTA, die Grand Slams, die ITIA und die WADA sich nicht genug engagieren würden, „ein faires und transparentes System für die Zukunft zu schaffen“.

Diese Voreingenommenheit ist für alle Athleten inakzeptabel und zeigt eine tiefe Respektlosigkeit gegenüber jedem Sport und seinen Fans. Es ist Zeit für Veränderungen. Und wir werden es ändern.

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Klar ist nach den ganzen Äußerungen jedenfalls: Die Tenniswelt blickt gespalten auf Sinners Sperre. In der Zukunft bedarf es zahlreicher Anpassungen, sodass sich Tennisprofis zum einen fair behandelt, zum anderen aber auch wieder sicher fühlen können.