Marco Trungelliti Neckarcup

Der Name Marco Trungelliti mag nicht zu den bekanntesten im Tennis zählen, doch kaum ein Spieler auf der Tour hat so viele bemerkenswerte Geschichten zu erzählen wie der 35-jährige Argentinier. Von einem Roadtrip nach Roland-Garros mit seiner Großmutter bis hin zu seinem mutigen Einsatz gegen Spielmanipulationen — Trungelliti hat eine Karriere aufgebaut, die weit über Platzierungen und Ergebnissen hinausgeht.

Aktuell auf Position 169 der Weltrangliste geführt und in den ruhigen Bergen Andorras beheimatet, hat Trungelliti eine bodenständige, aber unkonventionelle Tenniskarriere aufgebaut — geprägt von Integrität und Durchhaltevermögen. Sein bestes Ranking mit Platz 112 resultiert aus dem Jahr 2019. Vier ATP-Challenger-Titel, zuletzt im Juni im französischen Lyon, unterstreichen seine anhaltende Präsenz auf der Tour.

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Ein Pariser Roadtrip für die Geschichtsbücher

Das wohl ikonischste Kapitel in Trungellitis Karriere ereignete sich bei den French Open 2018. Als Nick Kyrgios kurzfristig absagte, ergriff Trungelliti als Nachrücker seine Chance. Gemeinsam mit seiner Mutter und seiner damals 89-jährigen Großmutter Lela, die gerade zu Besuch aus Argentinien war, fuhr er zehn Stunden von Barcelona nach Paris, um sich rechtzeitig einzutragen.

„Ich werde diese Reise nach Paris mein Leben lang nicht vergessen. Ich wünschte, ich hätte insgesamt besser gespielt, aber es war ein besonderer Moment“, sagt Trungelliti. „Meine Oma ist inzwischen vor eineinhalb Jahren verstorben. Sie wurde 94 Jahre alt und war bereit zugehen.“

Trotz der anstrengenden Fahrt besiegte er am nächsten Morgen Bernard Tomic in vier Sätzen und zog in die zweite Runde von Roland-Garros ein, bevor er gegen Marco Cecchinato ausschied. Die Geschichte ist inzwischen ein Klassiker unter Tennisfans geworden.

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Trungelliti feierte 2018 einen unvergesslichen Lauf bei den Roland Garros.

Trungelliti feierte 2018 einen unvergesslichen Lauf bei den Roland Garros.

Familie, Ruanda und der Geist des Abenteuers

Tennis hat Trungelliti rund um den Globus geführt — und er genießt die Reise weiterhin. 2023 erlebte er ein weiteres einzigartiges Abenteuer, diesmal mit seiner Mutter, beim ersten Rwanda Challenger in Kigali.

„Es war mein erstes Mal in Afrika. Als ich die Turniere dort im Kalender sah, wusste ich: Da will ich hin“, erzählt er. „Meine Mutter Susana hatte immer den Traum, den Kontinent zu besuchen. Wir wissen nicht warum, wir leben mitten im Nirgendwo in Argentinien, aber sie liebt Afrika.“

Für beide wurde die Reise unvergesslich. „Kigali war perfekt. Die Organisation war unglaublich. Die Menschen waren fantastisch. Der Kaffee war super und ich habe mir ein paar Packungen gekauft“, sagt Trungelliti mit einem Lächeln. „Es war der Beginn von drei bis vier sehr guten Monaten. Und für meine Mutter war es wahrscheinlich eine der schönsten Erfahrungen ihres Lebens.“

Leben in Andorra, Liebe zu Deutschland

Heute lebt Trungelliti mit seiner Frau Nadir Ortolani und ihrem gemeinsamen Sohn Mauna in Andorra. „Wir leben seit sieben Jahren hier. Es ist sehr ruhig, und mein Sohn genießt sein Leben mitten in der Natur — mit Wäldern und Flüssen“, erzählt er. „Das ist ganz anders als in Städten wie Buenos Aires oder Barcelona, wo ich früher gewohnthabe.“

Auch Deutschland hat es ihm angetan. „Ich komme sehr gerne nach Deutschland. Das Essen ist großartig. In Argentinien gibt es ein Gericht namens ‚Milanesa‘ — das ist dem deutschen Schnitzel sehr ähnlich und erinnert mich an Zuhause“, erklärt Trungelliti am Rande des diesjährigen Neckarcups in Bad Rappenau. „Ich mag auch die Leute hier, und alles funktioniert. Organisatorisch ist Deutschland top.“

Aufrecht für Integrität

Trungellitis Ruf geht über sportliche Leistungen hinaus. 2015 wurde er von Spielmanipulatoren angesprochen, die ihm und anderen hohe Summen für abgesprochene Matches anboten. Doch anstatt zu schweigen, meldete er den Vorfall der Tennis Integrity Unit. Die darauffolgende Untersuchung führte 2017 zur Sperre dreier argentinischer Spieler.

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Marco Trungellitis Erfahrungen mit Spielmanipulationen haben sein Leben verändert

Der Mensch hinter dem Schläger

Trungelliti spricht Spanisch, Englisch und Italienisch. Er verließ mit 14 Jahren sein Zuhause, um Tennisprofi zu werden, und bewunderte als Jugendlicher David Ferrer. Abseits des Platzes liebt er Basketball, besonders die San Antonio Spurs und Dallas Mavericks, und verehrt Größen wie Manu Ginóbili, Dirk Nowitzki und Michael Jordan. Sein Lieblingsfilm ist Ice Age, sein Lieblingsschauspieler Denzel Washington — und ein gutes Asado, das argentinische Barbecue, genießt er nach wie vor mit Leidenschaft.

In einer Ära, in der Erfolg oft an Titeln und Bekanntheit gemessen wird, steht Marco Trungelliti für eine andere Art von Tennisgeschichte — eine, die von Prinzipien, Neugier und Menschlichkeit geprägt ist.