Lois Boisson @Hamburg 2025

Die Französin Lois Boisson schrieb in Roland Garros 2025 das Märchen schlechthin. Nachdem sie im Vorjahr wegen eines Kreuzbandrisses ihre Wildcard nicht annehmen konnte, nutzte sie ihre Chance in diesem Jahr gleich mehrfach. Vor Start des Grand-Slam-Turniers auf Asche war der Name der 22-Jährigen vielen kein Begriff. Doch als sie mit Elise Mertens, Jessica Pegula und Mirra Andreeva gleich drei gesetzte Spielerinnen bezwang und ins Halbfinale einzog, war ihre Geschichte in aller Munde.

Gleichzeitig sprang sie in der Weltrangliste um fast 300 Plätze nach vorne und zog zum ersten Mal in die Top 100 ein. Die Aufregung um die Französin legte sich wieder etwas, nachdem sie in Wimbledon in der ersten Qualifikationsrunde ausschied.

Doch wie man bereits in Paris beobachten konnte, lag ihr die rote Asche, auf der sie groß geworden ist, deutlich besser. Da der Cut für das WTA-250-Turnier in Hamburg vor ihrem Durchbruch lag, war sie für die MSC Hamburg Ladies Open 2025 auf eine Wildcard der Turnierdirektorin Sandra Reichel angewiesen. Diese stand außer Zweifel, denn wie auch die Turnierbotschafterin Andrea Petkovic beteuerte: „Lois Boisson ist eine Favoritin auf den Titel hier!“

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Per Wildcard spielte sich Lois Boisson ins Halbfinale von Roland Garros 2025 – dabei bezwang sie unter anderem die Top-Ten-Spielerinnen Jessica Pegula und Mirra Andreeva.

Per Wildcard spielte sich Lois Boisson ins Halbfinale von Roland Garros 2025 – dabei bezwang sie unter anderem die Top-Ten-Spielerinnen Jessica Pegula und Mirra Andreeva.

Lois Boisson: "Vielleicht ziehe ich jetzt mehr Aufmerksamkeit auf mich!"

Schon einige Tage vor Turnierstart traf Boisson in Hamburg ein – ihre Premiere. Denn während viele Spielerinnen in ihrem Alter bereits die ganze Tour bereist haben, erlebt die 22-Jährige viele Dinge gerade zum ersten Mal. Die Unsicherheit in diesen Belangen merkt man der eher ruhigen und zurückhaltenden Französin an. „Ich war noch nicht so oft in Deutschland, vielleicht ein oder zwei Mal für Junioren-Turniere oder etwas in der Art. Aber es fühlt sich an, als wäre es ähnlich hier wie in Frankreich, oder?“, sagte sie im Gespräch mit Tennis Channel DE.

Auf ihren Erfolg in Paris angesprochen, schmunzelt Boisson: „Es war so schön für mich, das vor dem französischen Publikum zu schaffen!“ Als neu geborene Top-100-Spielerin und Roland-Garros-Halbfinalistin könnte man meinen, dass sich in ihrem Leben nun einiges verändert hat. Doch wie Boisson beteuert: „Vielleicht ziehe ich ein bisschen mehr Aufmerksamkeit auf mich. Die Leute kennen mich jetzt, vorher wussten sie nichts über mich. Aber der Rest ist derselbe.“

Was sie meint: „Es hat sich nichts verändert. Wir machen einfach weiter, tun die gleichen Dinge, die wir vorher gemacht haben, wir spielen jede Woche Turniere und trainieren. Wir genießen einfach den Prozess.“

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Durch ihren plötzlichen Einzug in die Top 100 ergaben sich für Lois Boisson neue Möglichkeiten – auch in Hamburg spielte sie 2025 zum ersten Mal.

Durch ihren plötzlichen Einzug in die Top 100 ergaben sich für Lois Boisson neue Möglichkeiten – auch in Hamburg spielte sie 2025 zum ersten Mal.

Boisson über mentale Probleme: "Das ist nichts Alltägliches"

Nach ihren Siegen über Top-10-Spielerinnen wie Pegula oder Andreeva könnte man meinen, dass sich Boisson nun auf einer Wolke des Selbstvertrauens befindet – doch so ist es nicht. Sie erklärte: „Ich hatte schon vor den French Open Selbstbewusstsein. Das ist der Grund, weshalb mir das alles gelungen ist. Jede Woche ist anders. Jede Woche muss man diese Motivation und dieses Selbstbewusstsein aufrechterhalten. Das ist hart, weil man Matches verliert und nicht jede Woche das beste Tennis spielt. Also muss man immer zuversichtlich bleiben.“

Doch so leicht, wie es im Gespräch mit Tennis Channel DE klingt, war es für sie nicht immer. Boisson gab zu: „Mit meiner mentalen Gesundheit hatte ich vor allem während meiner Verletzung zu kämpfen. Zu der Zeit war es nicht leicht und es ist für jeden schwierig damit umzugehen.“ Ihr habe es geholfen, diese Probleme nicht zu ignorieren, sondern daran zu arbeiten. „Ich arbeite bis heute mit einem Mental-Coach. Da muss man dranbleiben, denn das ist nichts Alltägliches. Es ist eine ständige Arbeit, jeden Tag, denn man muss eine positive Einstellung haben.“

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Zusätzlich hat sie auch von ihrem Vater Yann, einem ehemaligen Profi-Basketball-Spieler und Coach eine gewisse Mentalität geerbt. „Er hat aktiv gespielt, als ich geboren wurde, also habe ich nicht viel mitbekommen. Aber von seiner Mentalität, dieser Sportlermentalität, habe ich sicherlich einiges gelernt.“

Ihr Auftaktmatch in Hamburg am Dienstag, den 15. Juli, gegen die Österreicherin Julia Grabher absolvierte sie mit Bravour. Nach nur einer Stunde und 21 Minuten ging sie mit einem 6:1, 6:3-Sieg vom Platz.

„Es war ein bisschen verrückt“, grinste sie nach ihrer Partie. „Ich habe vorher nicht auf dem Centre Court trainiert. Das Dach ist etwas anders als bei anderen Turnieren“, wunderte sie sich über die einzigartige Dachkonstruktion am Rothenbaum. „Aber es ist schön, der Platz ist toll.“

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Lois Boisson über den US-Swing: "Darauf habe ich mich nicht vorbereitet!"

Auch in den kommenden Wochen wird Boisson viele Dinge zum ersten Mal sehen und zum ersten Mal erleben – darunter beispielsweise der US-Swing mit den Turnieren in Montreal, Cincinnati und die US Open.

„Darauf habe ich mich am Anfang nicht vorbereitet, weil ich diese Art von Turnieren eigentlich nicht spielen sollte. Aber es ist schön für mich und das ist das, was ich tun möchte“, sagte sie. In den USA war sie bereits zuvor schon mal, allerdings nur, um Urlaub zu machen. „Ich habe dort noch nie gespielt, deshalb bin ich sehr aufgeregt. Alles ist neu für mich, neue Orte, neue Turniere. Das werde ich genießen.“

Nach dem Turnier in Hamburg will Boisson also keine Zeit verschwenden und so schnell es geht auf Hartplatz umsteigen. „Schon am Dienstag geht es nach Kanada, das ist sehr bald. Wir wollen eine Trainingswoche machen und dann startet der US-Swing bereits.“

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Startschuss in ein neues Kapitel: Lois Boisson wird im Juli zum ersten Mal Turniere in den USA spielen.

Startschuss in ein neues Kapitel: Lois Boisson wird im Juli zum ersten Mal Turniere in den USA spielen.

Die Ergebnisse spielen für die Französin aber erstmal keine Rolle. Denn sie bleibt ihrem Mantra treu: „Ich mache einfach das Gleiche, vertraue dem Prozess, arbeite weiter jeden Tag und hoffe, so viele Matches wie möglich zu gewinnen.“

Denn dass sie überhaupt in den Top 100 steht und bei den großen Turnieren mitspielen kann, stand im Ursprung nicht auf ihrer Agenda. Die 22-Jährige hat also allen Grund, sich zufrieden auf die eigene Schulter zu klopfen: „Ich bin sehr stolz auf die erste Saisonhälfte. Ich habe erst im Februar angefangen zu spielen, nach neun Monaten Pause wegen der Verletzung. Am Anfang waren die Matches wirklich hart. Aber dann habe ich mich auf dem Platz selbstbewusster und ziemlich schnell wohl gefühlt. Ich bin also ziemlich zufrieden, mit dem, was ich erreicht habe. Denn ich kann sicher nicht mehr erwarten als das. Aber ich glaube, dass ich noch weiterkommen kann.“