WIL_9149

Noch vor einem Jahr war der Name Justin Engel nur Insidern ein Begriff. Doch nachdem der gerade mal 17-Jährige im Herbst 2024 sein erstes ATP-Match in Almaty, in Kasachstan, gewann, machte er die ersten Schlagzeilen. Spätestens als er den ersten Auftritt auf großer Bühne bei den BMW Open in München im April hatte, schien der gebürtige Nürnberger langsam in der deutschen Tennis-Bubble anzukommen. Zwar verlor er dort sein Einzelmatch gegen Fabian Marozsan, doch an der Seite von Max Rehberg begeisterte er im Doppel und spielte sich über die Qualifikation bis ins Viertelfinale.

In der Presse und den Sozialen Medien wurde Engel bereits als das große Nachwuchstalent Deutschlands prophezeit. Doch sein Landsmann, Alexander Zverev, hatte zu Beginn des 500er-Turniers ein paar weise Worte parat: „Er ist ein super Talent. Er kann sehr, sehr gutes Tennis spielen. Das ist völlig klar. Das sieht man auch. Aber von den Resultaten sind andere Spieler einfach weiter als er“, meinte der elf Jahre ältere Top-3-Spieler.

„Er hat das Talent und die Schläge sind da“, führte Zverev weiter aus. Nichtsdestotrotz würden die „Ergebnisse fehlen“. Dabei blickte Zverev auf seine Anfänge zurück, als er im Alter von 17 Jahren das Halbfinale von Hamburg erreichte.

„Über mich hat man angefangen zu reden, als ich hier im Halbfinale gespielt habe. Nicht davor, als ich in der zweiten oder dritten Runde bei Challengern stand“, so Zverev. „Wenn er diesen Schritt auch macht, dann wird nicht nur in Deutschland, sondern weltweit über ihn gesprochen.“

Advertising

Alexander Zverev in Hamburg: "Brauche diese positiven Emotionen jetzt"

Dieser Ansage ließ Engel am Montagabend, den 19. Mai 2025, Taten sprechen. Dort betrat er nämlich den Centre-Court am Rothenbaum, um gegen Jan-Lennard Struff anzutreten. Ein Spieler, den Engel seit seiner Kindheit kennt und bereits die ein oder andere Trainingswoche mit ihm absolviert hat.

Mit einem Vorsprung von über 200 Weltranglistenplätzen ging „Struffi“ als glasklarer Favorit in die Partie. Engel war als Wildcard-Inhaber eher der Underdog. „Ich war auf jeden Fall total nervös“, gab der 17-Jährige nach der Partie zu. Mit 7:6, 7:6 besiegte er den Top-100-Spieler in einer Stunde und 42 Minuten. Gegen jemanden wie Struff auf den Platz zu gehen, war keine leichte Aufgabe für Engel.

„Struffi ist ein guter Freund. Ich habe mit ihm ein paar Mal trainiert. Leider musste ich heute gegen ihn spielen. […] Es ist immer blöd, gegen solche Leute zu spielen, die man kennt. Aber so ist Tennis halt.“

Jetzt lesen: Justin Engel im Interview: "Werde immer am Boden bleiben!"

Advertising

Justin Engel über den Struffi-Sieg: "Das solideste Match, das ich jemals gespielt habe!"

Über seinen zweiten Sieg auf ATP-Niveau und das gleich auf dem Centre-Court von Hamburg freute sich Engel dennoch. „Das war eine total super Erfahrung. Es macht unglaublich Spaß, wenn Leute zuschauen und ich sie vielleicht noch mal mitnehmen kann.“

Dabei hat ihm am Montag vor allem geholfen, dass er den Ball perfekt im Schläger hatte. „Ich habe wirklich wenig Fehler gemacht – fast gar keine, wenn es eng wurde“, erklärte Engel. „Das war das solideste Match, das ich jemals gespielt habe.“

Dass alles so gut gelaufen ist, hat Engel unter anderem seinem Team zu verdanken. Ende 2024 verkündete er die Zusammenarbeit mit Philipp Kohlschreiber. Zudem wird er von Management-Seite von Sportfive mit Ex-Profi Charly Steeb unterstützt.

Auch interessant: Charly Steeb im Interview: "Justin ist für sein Alter enorm weit!"

Advertising

Bei den Bitpanda Hamburg Open schlug Engel seinen früheren Babysitter & Trainingspartner Jan-Lennard Struff in zwei Sätzen.

Bei den Bitpanda Hamburg Open schlug Engel seinen früheren Babysitter & Trainingspartner Jan-Lennard Struff in zwei Sätzen.

So konnte Coach Kohlschreiber dem 17-jährigen Engel helfen

„Ich habe schon immer große Schwünge gehabt und Probleme, wenn es schneller wird. Wir haben am kürzeren Ausholen gearbeitet, aber auch daran, mehr Winkel zu spielen. Die Aufschlagvariationen und die Fußstellung haben sich auch total verändert und stark verbessert“, so Engel über die Arbeit mit Kohlschreiber.

Die professionelle Aufstellung auch mit dem Management soll Engel auch neben dem Platz helfen. Denn wie er selbst über die vergangenen Monate gemerkt hat, ist sein Bekanntheitsgrad in kürzester Zeit enorm angestiegen.

„Es ging alles sehr schnell. Die Leute bzw. viele kennen mich jetzt. Das ist ein schönes Gefühl.“ Woran er das festmacht? „Ich merke es schon, wenn ich dann ein Match spiele, kommen mehr Leute zum Zuschauen. Das macht total Spaß“, sagte er in Hamburg gegenüber Tennis Channel DE.

Advertising

Seinen Erstrunden-Sieg in Hamburg feierte Justin Engel nur auf dem Court. Eine Belohnung in Form von Süßigkeiten soll es aber "wenn überhaupt nach dem Turnier" geben.

Seinen Erstrunden-Sieg in Hamburg feierte Justin Engel nur auf dem Court. Eine Belohnung in Form von Süßigkeiten soll es aber "wenn überhaupt nach dem Turnier" geben.

Genau das kann er in Hamburg nun erneut erleben. Denn mit seinem Sieg über Struff erspielte er sich ein Zweitrunden-Duell gegen den ehemaligen Top-Ten-Spieler Andrey Rublev. Am Mittwoch darf er also wieder am Centre Court ran. Nervös wird Engel kurz vorher mit Sicherheit erneut sein. Doch ein anderes Gefühl überwiegt dann eher: die Vorfreude. „Nach dem Match am Montag habe ich gutes Selbstvertrauen. Ich versuche einfach das, was ich im Training trainiert habe, ins Match einzubringen und Spaß zu haben.“

Ganz unabhängig davon, wie die Partie gegen Rublev ausgehen wird, für Engel steht jetzt schon fest: Sein Erstrunden-Sieg hat ihm eine ordentliche Portion Punkte gebracht. Von Rang 333 kletterte er im Live-Ranking nämlich auf einen Platz unter den Top 300 – sein persönlicher Bestwert.

Klar ist: Justin Engel ist gekommen, um zu bleiben.