Jan-Lennard Struff @Wimbledon 2025

Je älter ein Tennisspieler wird, desto mehr häufen sich die Fragen, nach ihrem Karriereende, nach ihren Zukunftsplänen nach dem Tennis und wie der perfekte Abschied aussehen könnte. Jan-Lennard Struff ist mit 35 Jahren einer der Spieler, denen solche Fragen immer wieder gestellt werden – wenn auch noch nicht ganz so häufig, wie sie Novak Djokovic, Gael Monfils oder Stan Wawrinka beantworten müssen.

Nachdem der Deutsche zu Beginn des Jahres mit seiner Form zu kämpfen hatte, zahlreiche Auftakt-Niederlagen nacheinander kassierte, seinen ersten Titel in München nicht verteidigen konnte und in der Weltrangliste aus den Top 100 stürzte, spielten wohl einige schon mit dem Gedanken für Struff: „Das war’s jetzt!“

Jan-Lennard Struff: "Wird schwieriger gegen die junge Generation zu spielen!"

Wer daran aber keine Sekunde verschwendete, war Struff selbst. Denn ganz egal, ob man dem 35-Jährigen in München, Madrid, Hamburg, Stuttgart oder Halle begegnete, er strahlte nach wie vor die gleiche Motivation aus weiterzuspielen. „Ich meine, ich bin verhältnismäßig noch jung in meinem Leben“, lachte Struff im Rahmen der Terra Wortmann Open in Halle gegenüber Tennis Channel DE. „Im Tennis-Alter habe ich vielleicht schon ein fortgeschrittenes Alter“, stellte er dann fest.

Woran er das festmacht? „Ich bin mir bewusst, dass es immer schwieriger wird, gegen die junge Generation zu spielen. Alle werden immer fitter und das Spiel hat sich ein bisschen verändert über die letzten Jahre“, analysierte er.

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Im Vergleich zum Beginn seiner Karriere, als er mit 18 Jahren auf die Tennistour kam, hat sich auch für ihn einiges geändert – sowohl auf dem Court als auch beim Training. „Ich werde ein bisschen älter, es wird körperlicher für mich und auch regenerationstechnisch ein bisschen schwieriger.“ Aber er betonte:

Ich fühle mich fit. Ich fühle mich körperlich gut, abgesehen von ein paar Wehwehchen, aber die haben alle Spieler.

Mit über 15 Jahren Erfahrungen auf der Tennistour kann Struff optimale Vergleiche zu den Anfängen seiner Laufbahn ziehen. „Als man jung war, ist man auf den Platz gegangen, trainieren, anreisen, trainieren, fliegen und wieder auf dem Platz. Das ist heute nicht mehr so gut möglich“, gesteht er. Was ihm gelegentlich zu schaffen macht: „Wenn du so viel im Flieger oder im Auto sitzt, fühlt sich das nicht so super an.“

Deshalb haben sich die Prioritäten in seinem Trainingsalltag über die Jahre hinweg etwas verschoben. Themen wie „Verletzungsprävention“ oder „Regeneration“ haben nun einen anderen Stellenwert. Mit seinem Physio Uwe Liedtke verbringt er daher heutzutage etwas mehr Zeit: „Bei der Verletzungsvorbeuge oder auf der Physio-Bank wird ein bisschen mehr Zeit benötigt“, erklärte er. „Auch im Gym hat sich der Anteil ein bisschen verschoben.“ Was aber gleichgeblieben ist: „Die On-Court-Zeit ist immer noch sehr hoch, finde ich.“

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Struff über Trainingspläne: "Ist eine Charakterfrage & Dosierungssache!"

Ob er nun zweimal eine Stunde auf den Trainingsplatz geht oder zwei Stunden am Stück und wie lange die Einheit im Fitnessstudio ausfällt, ist dabei nicht nur Tagesform abhängig, sondern auch von Spieler zu Spieler unterschiedlich. Struff erklärte:

Das ist Dosierungssache. Man muss die gute Mitte für sich herausfinden, weil nicht jeder Spieler gleich ist. Jeder braucht etwas anderes. Das ist eine Charakterfrage, wie man das auch mental auffasst und wie frisch man ist.

Wie frisch der zweifache Vater noch ist, stellte er nun erneut in Wimbledon unter Beweis. Dort hatte er noch Glück, denn als der Cut für das Hauptfeld fiel, stand Struff noch in den Top-100. Er musste also nicht in der Qualifikation starten. Dafür bekam er es in den ersten zwei Runden mit der jüngeren Generation zu tun – die perfekte Möglichkeit also, sein Alter und seine Fitness noch mal unter Beweis zu stellen.

Gegen den 23-jährigen Filip Misolic sowie gegen den 24-jährigen Felix Auger-Aliassime war er gleich zweimal der überlegenere Spieler – und das trotz zwölf bzw. elf Jahren Altersunterschied.

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Struff im TC-Interview: "Würde mich freuen, wenn ich auf dem Level weiterspielen kann!"

Mal ganz abgesehen von der ganzen Altersthematik: Es ist viel mehr, was Jan-Lennard Struff auszeichnet. Neben seinem zuvorkommenden, freundlichen Wesen schafft er es immer wieder auch sein unterhaltsames Spiel auf den Court zu bringen: Krachende Grundschläge, ein hammerharter Aufschlag sowie Serve-and-Volley-Spielzüge, die heutzutage immer weniger auf der Tour zu sehen sind.

Sein Tour-Kollege Giovanni Mpetshi Perricard analysierte noch vor Start der Rasensaison: „Spieler mit einem Spielstil, wie ich ihn habe oder Struff oder Berrettini, sind für die Gegner auf Rasen ziemlich kompliziert.“ Und genau das zeigte Struff nun auch in Wimbledon.

Als nächstes darf sich Struff nun gegen einen weiteren Spieler messen, der über zehn Jahre jünger ist als er: der Titelverteidiger Carlos Alcaraz.

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Fit und beweglich: Mit zwei Vier-Satz-Siegen über Misolic und Auger-Aliassime sicherte sich Struff einen Platz in der dritten Runde – und gleichzeitig sein fünftes Duell mit Carlos Alcaraz.

Fit und beweglich: Mit zwei Vier-Satz-Siegen über Misolic und Auger-Aliassime sicherte sich Struff einen Platz in der dritten Runde – und gleichzeitig sein fünftes Duell mit Carlos Alcaraz.

Noch vor wenigen Wochen in Halle sagte Struff über seine Tenniskarriere: „Ich muss natürlich schauen, wie lange ich das Niveau aufrechterhalten kann. Ich hoffe, das geht noch ein bisschen. Ich würde mich freuen, wenn ich auf dem Level noch weiterspielen kann.“

Dass sein Level nach wie vor da ist, um mit den besten und auch jüngeren Spielern mitzuhalten, zeigte er bereits. Und ganz unabhängig von dem Ergebnis am Freitag gegen den Weltranglisten-Zweiten Alcaraz dürfte klar sein: Ein Karriereende von Struff ist noch lange nicht in Sicht!