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Die deutsche Tennisspilerin Eva Lys steht kurz vor dem Einzug in die Top 100 der Weltrangliste. Tennis Channel hat die Hamburgerin während der ECE Ladies Hamburg Open am Rothenbaum getroffen und mit ihr über ihren Umgang mit Druck, die Wertschätzung im Damentennis sowie über das Karriereende von Angelique Kerber gesprochen.

Eva, du hast im vergangenen Jahr hier in Hamburg im Viertelfinale gespielt. Gibt dir das eher Selbstvertrauen, hier nochmal aufzuschlagen oder macht es dir Druck, das gleiche Ergebnis nochmal zu erreichen?

Ich glaube jede Tennisspielerin hat irgendwo einen gewissen Druck und jeder kommt damit auf die eigene Art und Weise klar. Für mich ist es aber einfach wichtig, so gelassen wie möglich in eine Woche zu starten. Dabei fokussiere ich mich nicht auf das Ergebnis, sondern einfach auf das Match. Ich schaue immer von Match zu Match. In den letzten Jahren habe hier häufig gute Matches gehabt, manchmal mehr, manchmal weniger. Ich freue mich einfach hier dabei zu sein. Ich versuche die Woche so gut zu genießen, wie ich kann.

In Hamburg zu spielen, kann ein Vorteil sein.

Als Tennisspielerin bist du super viel unterwegs, jede Woche an einem anderen Ort. Wachst du manchmal morgens auf und weißt gar nicht mehr, wo du bist?

Das habe ich öfter, weil ich morgens immer super verklatscht aufwache. Das passiert mir auch zu Hause. Es ist ganz lustig: Heute Morgen saß ich beim Frühstück und mein Vater hat mich gefragt, ob ich weiß, wann die Auslosung für die nächste Woche rauskommt. Ich war erstmal komplett verloren, eben weil ich zu Hause saß. Welches Draw meinte er? Irgendwann kam mir dann der Gedanke: ‘Ach ja, ich spiele nächste Woche in Hamburg.’ Ich glaube, das ist ein guter Vorteil. Denn wen man auf Turniere kommt, dann spürt man immer diese Tennis-Atmosphäre. Es ist Wettkampfsphase, die Luft ist sehr dick. In dieser Woche in Hamburg kann ich das vielleicht auch ein bisschen gelassener angehen. Ich kann nach Hause kommen und wirklich abschalten. Deshalb sehe ich das als einen Vorteil.

Eva Lys bei den ECE Ladies Hamburg Open 2024

Eva Lys bei den ECE Ladies Hamburg Open 2024

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Eva Lys: Schritt für Schritt in die Top 100

Du stehst jetzt kurz vor dem Einzug in den Top 100. Welche kleinen Schrittchen fehlen dir noch, um das jetzt zu schaffen und um dich dort festzuspielen?

Ich habe in den letzten Wochen wirklich viele kleine Schritte gemacht, vor allem, wenn es Richtung Selbstvertrauen geht. Ich versuche nie so richtig über das Ranking nachzudenken, weil es immer ein Auf und Ab ist. Man darf nicht vergessen, dass ich viele Punkte am Ende des Jahres zu verteidigen habe. Aber da lasse ich mich aber nicht stressen. Ich spiele gerade gut und genieße die Zeit. Also werde ich es einfach so hinnehmen, ob ich ein paar Punkte verliere oder ein paar Punkte mache. Das ist ein Prozess. Langfristig habe ich das Ziel, mich in den Top 100 zu etablieren. Deswegen nehme ich es ‘step by step’.

Du hast bei jedem Grand Slam in der Qualifikation gespielt und dich auch fürs Hauptfeld qualifiziert. Welches Major war dein Highlight? Was war bislang deine beste Erfahrung?

Es ist schwer sich zu entscheiden, weil alle vier wirklich eine eigene Erfahrung sind. Was mich am meisten überrascht hat, war Wimbledon. Man spielt immer auf der Roehampton-Anlage. Aber die letzten drei Jahre habe ich es leider nie auf die Hauptanlage geschafft. In diesem Jahr hat es aber geklappt. Ich glaube ganz viele wissen nicht, wie die Roehampton-Anlage aussieht. Ich beschwere mich nicht, man hat alles, was man braucht. Aber es fühlt sich an, als würdest du auf einem riesigen Feld spielen. Und dann kommst du auf die Wimbledon-Anlage. Dort ist alles groß, schön, keine Blume steht falsch. Das war einfach ein Wahnsinns-Erlebnis. Von den Menschen her bin ich eher New York- oder Australian Open-Fan.

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Bei den US Open hat man wirklich das Gefühl, als Tennisspielerin angekommen zu sein.

Was gefällt dir an New York so gut?

Wie schon gesagt, bei jedem Grand Slam ist die Atmosphäre ein bisschen anders. Aber generell New York ist so eine Stadt, da will und muss man, einmal gewesen sein. Das ist zwar keine Stadt, in der man wirklich abschalten kann. Was ich immer sage, wenn mich Leute über New York fragen: Du bist nach den Wochen echt tot, hast keine Energie mehr, aber auf eine gute Art und Weise. Das Publikum ist da genauso. Es kommen super viele Zuschauer zu den Quali-Tagen und im Hauptfeld geht es dann noch mehr ab. Es gibt immer super viele Aktionen, auch für Kinder. Dann kommen irgendwelche Stars, was man als Spielerin schon mitbekommt. Dort hat man wirklich das Gefühl, dass man als Tennisspielerin wirklich angekommen ist. Man bekommt wirklich alles zurück, was man auf dem Tennisplatz gibt. Das ist ein tolles Gefühl als Sportlerin.

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Frauen-Tennis bekommt nicht dieselbe Media-Coverage wie Männer-Tennis. Dabei geben wir uns genauso viel Mühe wie die Männer!

Vor wenigen Wochen hast du einen TV-Sender kritisiert, dass er zu wenig Werbung für das Damentennis mache. Was müsste deiner Meinung nach in der Tenniswelt passieren, dass Damen-Tennis die Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient?

Ich bin sehr froh, dass das Thema angesprochen wird, weil es für mich einfach wichtig ist. Erstmal muss man das natürlich laut sagen, dass Frauen-Tennis nicht dieselbe Media-Coverage bekommt wie Männer-Tennis. Ich glaube, das sieht man nicht nur im Tennis, sondern generell im Sport. Ich möchte keine Namen nennen, aber sobald man auf eine Online-Seite über Tennis geht, sieht man, dass zehn von zwölf Artikeln nur über Männer sind. Und das obwohl die Grand Slams gleichzeitig laufen! Als Frau fängt man dann schon an zu überlegen. Denn wir geben uns genauso viel Mühe, reisen genauso viel auf Turniere. Ich finde es manchmal einfach echt schade, dass der Frauensport weniger Aufmerksamkeit bekommt.

Wir sind aber mittlerweile auf einem sehr guten Weg. Deswegen werde ich jedes Mal, wenn ich die Möglichkeit habe, laut zu werden, auch wirklich laut werden – besonders in Momenten, wo es wirklich unfair ist. Bei den Männern wird über jede Runde von den Tennisspielern berichtet. Das haben sie auch vollkommen verdient. Aber bei den Frauen ist so eine riesige Lücke. Keiner weiß, bei welchen Turnieren wir mitspielen. Keiner weiß, welche Runden wir gewinnen und wie unsere Turnierplanung aussieht. Aber ich werde alles meiner Mühe geben, um das vorallem in Deutschland ein bisschen auf den richtigen Weg zu bringen. Deshalb bin ich froh, über jede Frage, die in diese Richtung geht.

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Wenn ich das Gefühl habe, mit meiner Meinung etwas verändern zu können, werde ich das auf jeden Fall machen!

Du bist sowieso jemand, der gerne öffentlich teilt. Fällt es dir dennoch schwer?

Da kann man meine ganze Familie fragen: Als ich angefangen habe, Tennis zu spielen, war es für mich immer ein Traum, eine Reichweite zu haben, weil ich diese Reichweite für verschiedene Themen nutzen möchte, die für mich wichtig sind. Mittlerweile merke ich, dass die Leute mir wirklich zuhören. Ich werde meine Gedanken nie kreuz und quer rauswerfen. Natürlich überlege ich mir immer, wie ich was sage. Manchmal sieht man dann einfach Themen, über die man sich aufregt. Dass ich das dann laut ansprechen möchte, war bei mir schon immer so und das bleibt auch so. Ich bin natürlich eine Tennisspielerin und mein Leben dreht sich generell auch um den Sport. Aber außerhalb des Platzes, wenn ich die Möglichkeit habe, in irgendeiner Weise einem Menschen mit irgendwas zu helfen oder mit meiner Meinung etwas zu verändern, dann werde ich das auch auf jeden Fall machen. Das ist eine Herzensangelegenheit.

Du hattest noch die Chance Angie Kerber vor ihrem Karriere-Ende kennenzulernen. Was verbindest du mit ihr?

Ich bin tatsächlich echt froh, dass ich noch die Möglichkeit hatte, sie kennenzulernen. Ich war beim letzten Billie Jean King Cup von Angie dabei. Aber es ist für mich ein bisschen surreal, dass so eine große Spielerin jetzt aufhört. Man ist mit ihr aufgewachsen. Noch vor ein paar Jahren habe ich im Fernsehen gesehen, wie sie die Grand Slams gewonnen hat und jetzt auf einmal legt sie den Schläger nieder. Sie hat es sich auf jeden Fall verdient und wir sind alle unglaublich stolz auf sie.