Elias Ymer

Geboren am 10. April 1996 in der kleinen schwedischen Stadt Skara, ist Elias Ymer ein Beispiel für Entschlossenheit, familiären Zusammenhalt und unerschütterlichen Willen. Als Sohn äthiopischer Einwanderer – seine Mutter Kelemework Elias ist Kinderärztin, sein Vater Ymer Wondwosen Ernährungsingenieur und Marathonläufer – wurde Elias mit Disziplin, Bescheidenheit und einem tiefen Respekt vor harter Arbeit großgezogen.

Eine Tennisfamilie durch und durch

Gemeinsam mit seinen beiden Brüdern – Mikael, ehemaliger Weltranglisten-50., und Rafael, seinem Trainer zwischen 2022 und 2024, der nun an der Elon University in North Carolina studiert – wuchs Elias mit der klaren Vorstellung auf, eines Tages Profisportler zu werden. Ursprünglich hofften die Eltern, ihre Söhne würden in ihre Fußstapfen als Läufer treten, doch die Brüder entschieden sich für den Tennissport. Mit begrenzten Mitteln reiste die Familie quer durch Schweden, oft in einem alten, geliehenen Auto – manchmal schliefen sie sogar darin. Elias erinnert sich daran, einmal während eines Unwetters den Wagen mit einem Frosch geteilt zu haben – eine demütigende, aber prägende Erfahrung, die seinen Ehrgeiz nur weiter entfachte.

Nach einer erfolgreichen Juniorenkarriere erreichte Elias im Juni 2018 mit Rang 105 seine bislang beste Platzierung in der ATP-Weltrangliste. Verletzungsbedingt – vor allem wegen eines hartnäckigen Ellenbogenproblems – ist er derzeit um Platz 260 notiert. Doch der Glaube an sich selbst ist geblieben. Mit neuem Trainingsstützpunkt an der Giorgio Galimberti Tennis Academy im italienischen Cattolica arbeitet er nun unter der Anleitung von Igor Gaudí und Federico Bertuccioli intensiv an seinem Comeback in die Top 100.

„Ich finde aktuell immer mehr zu meinem Spielstil“, erklärt Elias.

Ich versuche, aggressiver zu werden und öfter ans Netz zu gehen. Ich habe dieses Spiel eigentlich in mir, aber ich habe es noch nicht oft gezeigt. Ich bin ein offensiver Spieler, aber nutze es nicht. Das ist wahrscheinlich gleichzeitig meine Stärke und meine Schwäche.

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Erfolge auf der Challenger Tour

Mit sechs ATP-Challenger-Titeln hat Elias bereits bewiesen, dass er auf hohem Niveau bestehen kann. Sein Debüt auf der ATP Tour feierte er 2014 bei den Stockholm Open, seither gehört er regelmäßig zum Teilnehmerfeld bei Schwedens Topturnieren – allen voran in Båstad. In seiner Laufbahn wurde er unter anderem von Robin Söderling, Frederik Rosengren und Fernando Gonzalez trainiert. Auch Tennisgrößen wie Roger Federer, der ihn zu einer Trainingseinheit nach Zürich einlud, oder Carlos Alcaraz, mit dem er 2018 an der Rafa Nadal Academy sowie später in Villena trainierte, schätzten sein Potenzial.

Seine besten Ergebnisse erzielte der 29-Jährige meist auf Sand – darunter Viertelfinaleinzüge in Gstaad (2016 und 2022). 2024 sorgte er für Aufsehen, als er Jack Draper auf dem Centre Court von Wimbledon über fünf Sätze forderte – ein weiteres Zeichen dafür, dass er noch hochmotiviert ist.

Seine körperliche Vorbereitung ist intensiv – viele auf der Tour zählen ihn zu den fittesten Spielern überhaupt. Freunde beschreiben ihn als „den härtesten Arbeiter weltweit“. Seine mentale Stärke zieht er aus einem tiefen Glauben: „Er glaubt an Gott und arbeitet Tag für Tag an sich – und das macht er wirklich.“

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Ich glaube, die Leute haben die Vorstellung, dass nur die Top-100-Spieler der Welt oder die Top-50-Spieler der Welt oder die Top-20-Spieler großartiges Tennis spielen. Ich denke, die 200 oder 300 besten Spieler der Welt spielen an ihrem Tag unglaublich. Jack Draper, nach einem Fünf-Satz-Match in Wimbledon gegen Elias Ymer

Tennis als Lebensreise und das schwere schwedische Tennis-Erbe

Abseits des Platzes bleibt Elias seinen Wurzeln und seiner Familie eng verbunden. Er spricht Amharisch, Schwedisch, Englisch und Italienisch, hat bereits über 67 Länder bereist und setzt sich jedes Jahr das Ziel, ein neues zu entdecken. Er liebt indisches und italienisches Essen und probiert gerne in jeder Stadt neue Restaurants aus. „Ich gehe gerne raus und suche neue Lokale. In jeder Stadt probiere ich etwas Neues und google vorher die besten Spots“, erzählt er mit einem Lächeln. „Wenn man mit anderen reist, macht es natürlich noch mehr Spaß. Ich schreibe außerdem viel über meinen Tag, meine Gedanken und Gefühle – und lese es später gerne wieder.“

Trotz seiner Herkunft aus einer Nation mit großer Tennistradition spürt Elias auch die Last der Erwartungen. „Vielleicht hängen wir manchmal noch zu sehr an alten Zeiten“, sagt er mit Blick auf die goldene Ära von Borg und Wilander. „Tennis ist heute extrem wettbewerbsintensiv, und viele verstehen nicht, was es heute bedeutet, Profi zu sein.“

Als erfolgreicher Junior kennt er den harten Übergang ins Profigeschäft. „Bei den Junioren kam ich fast immer mindestens ins Halbfinale. Da gewinnt man mehrere Matches in Folge. Auf der Herrentour trifft man sofort auf starke Gegner und verliert häufiger. Das beeinträchtigt das Selbstvertrauen. Mein Rat an Junioren: So schnell wie möglich raus aus den Futures – das kann mental sehr anstrengend sein.“

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US Open Rückblick: Mike Tyson und Tochter Milan zu Besuch bei Tennis Channel Live im Jahr 2018

Sein großes Vorbild? Mike Tyson. „Ich bin ein riesiger Fan. Er ist anders als alle anderen. Seine Mentalität und seine Geschichte berühren mich sehr.“

Wie Tyson ist auch Elias Ymer ein Kämpfer. Ob auf dem Centre Court oder im Training in Cattolica – er gibt nie auf. Denn er glaubt fest daran: Das Beste kommt noch.