Botic van de Zandschulp besiegt Carlos Alcaraz bei den US Open 2024

Es war die Sensationsmeldung am Freitagmorgen: Topfavorit Carlos Alcaraz scheidet in der zweiten Runde der US Open aus – das früheste Grand Slam-Aus des Spaniers seit über zwei Jahren. 2022 holte Alcaraz in Flushing Meadows noch seinen ersten Grand Slam-Titel überhaupt, 2023 erreichte er das Halbfinale. Nachdem der 21-Jährige in diesem Jahr sowohl die French Open als auch Wimbledon gewann und das Endspiel der Olympischen Spiele in Paris erreichte, zählte er zu den größten Titelanwärtern in New York.

Aber der Niederländer Botic van de Zandschulp machte dem vierfachen Grand Slam-Sieger einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Dabei war diese Herausforderung für Alcaraz kaum vorherzusehen. Denn Van de Zandschulp ist seit fast zwei Jahren auf der Suche nach seiner Form. Nachdem er 2022 noch Platz 22 der Weltrangliste belegte, fiel der 28-Jährige zeitweise aus den Top 100.

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Eine kleine Reise durch die vergangenen drei Jahre von Van de Zandschulp: Für die Tennisfans bei den US Open ist der Niederländer nämlich kein Unbekannter. Vor drei Jahren sorgte er hier schon einmal für Aufsehen, als er als Qualifikant bis ins Viertelfinale vorgestoßen war und dabei unter anderem Casper Ruud und Diego Schwartzman bezwang. Neben dem Viertelfinal-Einzug in New York zählten die beiden Finalteilnahmen 2022 und 2023 bei den BMW Open in München zu seinen größten Erfolgen auf der ATP-Tour. Beide Finals verlor Van de Zandschulp gegen Holger Rune (2022 musste er verletzungsbedingt aufgeben).

Apropos BMW Open: Nach genau diesem Turnier im Vorjahr folgte für Van de Zandschulp nämlich der große Sturz. Der Niederländer kassierte eine frühe Niederlage auf der ATP-Tour nach der nächsten. Die Konsequenz: Er fiel aus den Top 100. 2024 entschied sich der 28-Jährige dann, erneut bei Challenger-Turnieren anzutreten. In Braunschweig und Lüdenscheid kämpfte er sich jeweils bis ins Endspiel, weshalb er heute wieder einen Platz in den Top 100, genauer gesagt Platz 74, innehat.

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Fragezeichen hinter der Form von Carlos Alcaraz

Warum also hätte einer der Tennis-Experten oder gar Carlos Alcaraz ahnen können, dass Van de Zandschulp für den Top-3-Spieler eine solche Gefahr darstellen könnte?

Erstmal muss man sehen, dass Carlos Alcaraz nach seiner Finalniederlage gegen Novak Djokovic bei den Olympischen Spielen nicht gerade in Bestform war. Beim Masters-Turnier in Cincinnati verlor er sein erstes Match gegen den Franzosen Gael Monfils. Wie nervenaufreibend die Partie war, die wegen Regen unterbrochen werden musste, zeigte sich, als Carlos Alcaraz wutentbrannt sein Racket zertrümmerte – ungewöhnliche Szenen für den sonst so besonnenen Spanier. Als „die schlimmste Niederlage meiner Karriere“ bezeichnete Alcaraz diesen Wutausbruch im Anschluss. Auch gegen den Qualifikanten Li Tu aus Australien hatte der Spanier in der ersten Runde der US Open nicht immer ein leichtes Spiel. Über zwei Stunden und 44 Minuten und insgesamt vier Sätze spielte Alcaraz sich in Runde zwei.

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Ich dachte, er würde mir mehr freie Punkte schenken. Aber er hat kaum Fehler gemacht. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll.

Und dann kam das Match gegen Van de Zandschulp, der bereits vorab lachend sagte: „Ich muss mein Bestes geben. Hoffentlich ist er nicht 100 Prozent fit. Wisst ihr, ich brauche heute Abend ein wenig Hilfe.“ Die Hilfe bekam er dann von Alcaraz, der seinen Gegner komplett falsch einschätzte. „Ich dachte, er würde mir mehr Punkte schenken, mehr freie Punkte. Er hat kaum Fehler gemacht, aber ich dachte, das würde er tun. Das war etwas verwirrend. Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen soll“, sagte Carlos Alcaraz nach seiner Zweitrunden-Pleite. „Ich habe es nicht geschafft, mein Level zu verbessern. Ich denke, dass mein Level über das gesamte Match gleichgeblieben ist. Das war einfach nicht genug, um das Match zu gewinnen oder um mir selbst die Chance zu geben, in die Partie reinzufinden.“

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Van de Zandschulp mit einer 7:0-Bilanz in der Bundesliga

Allerdings war es letztendlich nicht Alcaraz unzureichende Leistung, die sein Ausscheiden verursachte, sondern vielmehr der überragende Auftritt von Van de Zandschulp. „Er hat super gespielt und wirklich großartiges Tennis gezeigt“, analysierte Alcaraz.

Dass der Niederländer trotz seiner langen Durststrecke seit 2023 immer noch in der Lage ist, herausragende Matches zu bestreiten und diese zu gewinnen, zeigte er bereits in der deutschen Bundesliga-Saison. In der Tennis Channel Bundesliga trat Van de Zandschulp für den Badwerk Gladbacher HTC an und bestritt 13 Matches im Einzel und Doppel. Seine Bilanz: 10 Siege bei drei Niederlagen. Betrachtet man lediglich die Einzelkonkurrenz, glänzte der 28-Jährige mit 7:0-Siegen.

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Botic van de Zandschulp mit Aufwind aus der Tennis Channel Bundesliga

Dass die Saison für Van de Zandschulp noch eine so positive Wende nehmen könnte, glaubte er selbst lange Zeit nicht. Nachdem er im Mai in der ersten Runde der French Open gegen Fabio Fognini klar in drei Sätzen verloren hatte, gab er zu: „Das war das schlechteste Match, das ich in meinem Leben gespielt habe. Natürlich ist es direkt nach dem Match frisch... aber die Gedanken aufzuhören, habe ich schon seit einer langen Zeit.”

Bevor er aber den Entschluss fassen wollte, den Schläger niederzulegen, entschied er sich nach Paris eine kurze Pause einzulegen. Er trat lediglich bei den Turnieren i s’Hertogenbosch und in Wimbledon an. Dann folgten die beiden Challenger-Turniere in Braunschweig und Lüdenscheid sowie die Tennis Channel Bundesliga. „Nach Wimbledon habe ich mehr Challenger in Europa gespielt und versucht mehr Matches hintereinander zu bestreiten. Das hat mir einen Schub an Selbstvertrauen gegeben“, sagte Van de Zandschulp in der Pressekonferenz nach seinem Sieg.

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Nach nur zwei Stunden und 20 Minuten zog Botic van de Zandschulp mit einem Sieg über Carlos Alcaraz in die dritte Runde der US Open 2024 ein.

Nach nur zwei Stunden und 20 Minuten zog Botic van de Zandschulp mit einem Sieg über Carlos Alcaraz in die dritte Runde der US Open 2024 ein.

Ich habe heute von Anfang an an meine Chance geglaubt!

Genau diese Matchpraxis könnte Van de Zandschulp dazu verholfen haben, gegen Alcaraz die Nerven zu bewahren. „Natürlich hatte ich Sorgen, aber ich denke, wenn du einen dieser Spieler schlagen willst, musst du unglaublich ruhig sein und einen kühlen Kopf bewahren“, erklärte der Niederländer über seinen Gemütszustand während des Matches. Wie ruhig Van de Zandschulp über die Partie dann wirklich blieb, sah das New Yorker Publikum, als er seinen Matchball verwandelte. Denn Van de Zandschulp zeigte kaum Emotionen. Als Alcaraz‘ Return im Aus landete, hob der Niederländer zaghaft die Faust und reichte seinem Gegner dann die Hand – fast entschuldigend bedankte er sich im Anschluss bei den Tennisfans im Stadion.

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Dennoch war die Freude über die US Open-Sensation bei dem Rechtshänder groß: „Ich bin ein wenig sprachlos. Es war ein unglaublicher Abend für mich“, sagte er. „Ich habe heute von Anfang an an meine Chance geglaubt.“

Weiter geht es für Botic van de Zandschulp am Samstag gegen den Briten Jack Draper, aktuell Nummer 25 der Weltrangliste. Es ist das erste Aufeinandertreffen der beiden Top-100-Spieler.