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Es war klar, dass die Ausgangssituation für das deutsche Team bei den Billie Jean King Cup Finals 2024 in Málaga keine leichte sein wird. Gegen die Spielerinnen aus Großbritannien, für die unter anderem Katie Boulter und Emma Raducanu an den Start gingen, waren Siegemund, Niemeier & Co. alles andere als die Favoritinnen. Dennoch zeigte sich die Mannschaft von Kapitän Rainer Schüttler motiviert und bereit, für eine Überraschung zu sorgen. „Das Ziel ist es zu gewinnen“, sagte Schüttler im Gespräch mit Tennis Channel DE vor dem Match. „Wir sind ein gutes Team, jeder kämpft für jeden. Ich glaube, dass wir auf jeden Fall für eine Überraschung gut sind.“

Billie Jean King Cup mit "Wetter-Lockdown" in Málaga – eingeschränkte Trainingsmöglichkeiten

Für eine Überraschung sorgte aber vor Spielbeginn am Freitag erstmal das Wetter im Süden Spaniens. Nachdem das DTB-Team am Montag angereist war, abends die Eröffnungszeremonie besuchte, am Dienstag zur ersten gemeinsamen Trainingseinheit auf den Court ging und anschließend die Medientermine absolvierte, wurde das Programm für Mittwoch komplett über den Haufen geworfen. Denn Málaga wurde von heftigen Regenschauern getroffen und deshalb teilweise evakuiert. Die Anwohner wurden angewiesen, ihre Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen, alle Supermärkte, Geschäfte und Restaurants blieben geschlossen. Um jegliche Gefahren zu vermeiden, wurde auch die BJKC-Partie zwischen Spanien und Polen von Mittwoch am Freitag verlegt sowie alle geplanten Trainingseinheiten abgesagt. Der Palacio de Deportes, die Veranstaltungsstätte der Finalspiele, blieb also ebenfalls geschlossen.

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Für das deutsche Team sowie für alle anderen Mannschaften bedeutete das: kein Training auf dem Centre- oder einem der Practice-Courts. Nachdem das Unwetter am Mittwoch, das eine rote Warnstufe auslöste, dann überstanden war, kehrte am Donnerstag wieder Normalität ein. Alle Matches fanden wie geplant statt und auch Siegemund & Co. konnten ihre Trainingseinheiten wieder absolvieren. Allerdings wollten die DTB-Damen auch einiges nachholen, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie gerade etwas mehr als eine Stunde Training auf dem Centre Court absolviert. Deshalb schotteten sie sich von der Außenwelt ab, um sich bestmöglich auf das Freitags-Match gegen die Britinnen vorzubereiten.

Rollentausch, lockere Stimmung und Schokoladenkuchen für die Britinnen

Deutlich entspannter hingegen gingen es Boulter, Raducanu & Co. an. Sie erschienen erst am Donnerstag zu ihrem Medientermin im Pressezentrum. Von Vorbereitungsstress war bei ihnen aber nichts zu merken: Sie scherzten herum, Heather Watson schlüpfte kurzzeitig in die Rolle einer Journalistin, als sie den Pressesaal betrat und die Medienvertreter filmte, dann berichteten die Ladies aus Großbritannien davon, wie sie bei dem Regen am Vortag Emma Raducanus Geburtstag mit Schokoladenkuchen gefeiert hatten – allerdings nur ein kleines Stück, wie sie lachend beteuerten.

Power-Play: Jule Niemeier ist für ihren offensiven Spielstil bekannt. Allerdings spielte Emma Raducanu mit deutlich weniger Fehlern, um sich den Sieg in Match 1 bei den Billie Jean King Cup Finals zu sichern.

Power-Play: Jule Niemeier ist für ihren offensiven Spielstil bekannt. Allerdings spielte Emma Raducanu mit deutlich weniger Fehlern, um sich den Sieg in Match 1 bei den Billie Jean King Cup Finals zu sichern.

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Doch auch wenn die Vorbereitung der beiden Teams, die im letzten Achtelfinale am Freitagabend aufeinandertrafen, kaum hätte unterschiedlicher sein können, so waren die Zeiger wieder auf null gestellt, als Niemeier und Raducanu schließlich den Platz um 18:30 Uhr betraten. Auch wenn die Damen in der kleineren Arena im Palacio de Deportes spielten (die Herren würden ab Dienstag in der größeren spielen, wo bis zu 11.400 Zuschauer Platz finden), war ein Großteil der Plätze belegt. Die Atmosphäre und die Lautstärke übertraf am Ende aber alles, als die US Open-Siegerin von 2021 Emma Raducanu vorgestellt wurde. Schnell war zu merken: Die britischen Fans sind in der Überzahl.

Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, heute auf dem Platz zu spielen

Von den lauten Emma-Rufen, den dröhnenden Trompeten und den Ole-Ole-Gesängen ließ sich Niemeier aber nicht unterkriegen und rief ihr gewohnt offensives Power-Tennis ab. Doch Raducanu war in guter Form, bewegte sich agil über den Platz und zwang Niemeier zu langen Ballwechseln. Am Ende waren es die unerzwungenen Fehler und der ein oder andere Doppelfehler, die Niemeiers aggressiver Spielstil mit sich bringt, die den Unterschied machten. Zwar brachte sie Raducanu nach knapp einer Stunde und 40 Minuten um fünf Matchbälle, zur Kehrtwende in der ersten Partie von Team Deutschland reichte es aber nicht. „Sie hat in den entscheidenden Momenten deutlich besser serviert als ich“, analysierte die Dortmunderin selbst im Anschluss. „Gerade in den engen und wichtigen Momenten hat sie nochmal eine Schippe draufgelegt.“

In guter Form: Emma Raducanu traf im Achtelfinale auf Jule Niemeier.

In guter Form: Emma Raducanu traf im Achtelfinale auf Jule Niemeier.

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Unzufrieden schien Niemeier aber dennoch nicht. Auch von den lauten Fans aus Großbritannien war sie eher beeindruckt als genervt. „Wir haben, als wir hinter der Tribüne standen, gehört, dass die Stimmung sehr, sehr gut ist. Natürlich waren da mehr britische Fans als Deutsche. […] Als ich dann auf dem Platz stand, konnte ich die Mädels auf der Bank nicht mehr hören. Deshalb habe ich öfter hingeguckt. […] Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, heute auf dem Platz zu spielen.“

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Laura Siegemund: "Das Level war zu hoch für mich, besonders auf dem schnellen Belag"

Eilig verließ die 25-Jährige dann den obligatorischen Pressetermin nach dem Match, um ihre Kollegin Laura Siegemund gegen Katie Boulter anzufeuern. Mit einigen Erfolgen im Einzel, Doppel und Mixed in diesem Jahr galt die 36-jährige Stuttgarterin nicht nur als Allrounderin, sondern gleichzeitig auch als Zugpferd im deutschen Team. Entsprechend selbstbewusst startete Siegemund also auch gegen die acht Jahre jüngere Boulter und knüpfte ihr gleich ein Aufschlagspiel ab. Dieser Spielgewinn sollte allerdings einer der wenigen bleiben, denn Boulter wurde ihrer Favoritenrolle gerecht, spielte Siegemund fast wortwörtlich an die Wand und ging nach etwas mehr als einer Stunde mit einem 6:1, 6:1-Triumph vom Platz.

Hilflos: Laura Siegemund fand im Achtelfinale der Billie Jean King Cup Finals gegen Katie Boulter nicht ins Match.

Hilflos: Laura Siegemund fand im Achtelfinale der Billie Jean King Cup Finals gegen Katie Boulter nicht ins Match.

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Ich muss jetzt einfach akzeptieren, dass sie mit dem Tempo einfach besser ist als ich. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht alles probiert hätte, aber ich sah heute ganz klar nicht gut aus

„Ich bin wahnsinnig enttäuscht, ich hatte gehofft, dass ich ein bisschen gefährlicher sein kann“, sagte Siegemund nach ihrer Niederlage, die gleichzeitig auch das Aus für das deutsche Team bei den Billie Jean King Cup Finals bedeutete. Weshalb die 36-Jährige letztendlich so klar unterlegen war, analysierte sie im Detail: „Ich habe nicht sonderlich gut gespielt heute“, gibt sie zu. „Katie spielt gerade sehr gut, das Level war zu hoch für mich, besonders auf einem so extrem schnellen Belag.“ Mit nur 45 Minuten Trainingszeit auf dem Centre Court, bedingt durch den Lockdown am Mittwoch, fühlte sich Siegemund nicht gut vorbereitet. „Für mich war es schwierig, so wenig Zeit auf dem Matchcourt zu haben. Die Trainingsplätze sind nicht der gleiche Belag wie der Centre Court.“ Was ihr vor allem Probleme gemacht habe, sei die Schnelligkeit des Platzes gewesen. Dennoch würdigte sie ihre Gegnerin mehrfach: „Ich muss jetzt einfach akzeptieren, dass sie mit dem Tempo einfach besser ist als ich. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht alles probiert hätte, aber ich sah heute ganz klar nicht gut aus.“

Boulter hingegen erschien wie gewohnt gut gelaunt nach ihrem Sieg in der Pressekonferenz. „Ich hatte das Gefühl, dass ich heute gut war. Es ist nicht einfach, Laura ist eine schwierige Gegnerin“, analysierte Boulter. „Ich glaube nicht, dass sie in ihrer besten Form war. Aber gleichzeitig habe ich auch gut gespielt. Das ist ermutigend und ein toller Start in das Turnier.“

Überzeugender Auftakt: Katie Boulter fuhr einen klaren Sieg ein und könnte es nun mit Leylah Fernandez im BJK-Cup Viertelfinale zu tun bekommen.

Überzeugender Auftakt: Katie Boulter fuhr einen klaren Sieg ein und könnte es nun mit Leylah Fernandez im BJK-Cup Viertelfinale zu tun bekommen.

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Toughe Herausforderung für Boulter & Co. – Schnelle Abreise mit positivem Abschluss für Team Deutschland

Mit zwei Siegen im Einzel war also kein entscheidendes Doppel für Boulter, Raducanu und ihr Team notwendig. Stattdessen können sie nun Kräfte für das Viertelfinale am Sonntag ab 17 Uhr gegen Kanada sparen. Allerdings haben die Britinnen hier nicht unbedingt die Favoritenrolle inne, denn Leylah Fernandez und ihr Team gehen als Billie Jean King Cup Titelverteidigerinnen ins Rennen.

Als Topspielerin trifft Boulter vermutlich auf Fernandez. „Ich glaube nicht, dass ich jemals gegen sie gespielt habe. Sie ist eine tolle Spielerin, eine, vor der ich viel Respekt habe“, so die Weltranglisten-24. aus Großbritannien. Wie hart die Nummer 31 im Damenranking arbeitet, ist ihr umso mehr bewusst: „Sie ist die erste Person auf dem Platz, wenn man morgens auf die Anlage kommt, und die letzte, wenn man geht. Es wird ein absoluter Kampf werden, aber ich freue mich darauf.“

Enttäuschende Niederlage: Rainer Schüttler wird gemeinsam mit Niemeier & Co. bereits am Samstag aus Málaga abreisen.

Enttäuschende Niederlage: Rainer Schüttler wird gemeinsam mit Niemeier & Co. bereits am Samstag aus Málaga abreisen. 

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Und während sich die Viertelfinalistinnen in den kommenden Tagen auf ihre Partien vorbereiten, treten Siegemund & Co. bereits am Samstagmorgen ihre Heimreise an. Auch wenn das gesamte Team sichtbar enttäuscht über die frühe Niederlage ist, will Schüttler die Woche in Málaga mit ein paar ermutigenden Worten beenden: „Wir sind enttäuscht, dennoch ist es immer eine schöne Zeit mit dem Team. Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen. Diesmal war es eben kein Erfolg, aber es geht weiter.“