Hassan trifft bei seinem Olympia-Debüt auf Christopher Eubanks.

Die Junior- und ITF-Tour, College-Tennis oder Förderprogramme der Verbände – es gibt viele klassische Wege ins Profitennis. Benjamin Hassan hat keinen davon gewählt. Geboren in Merzig und aufgewachsen in Koblenz, studierte der Sohn libanesischer Eltern zunächst Mathe und Sport im Lehramt, spielte Tennis nur nebenbei. 2017 erhielt er dann überraschend eine Wildcard für das Challenger-Turnier in seiner Heimatstadt, verlor sein erstes Match nur knapp – und war motiviert, es ernsthafter zu versuchen.

Heute gehört der Deutsch-Libanese zu den besten 200 Spielern der Welt, reist von Turnier zu Turnier und spielt bei den größten Events. 2024 war er bei den Olympischen Spielen in Paris dabei, im Mai 2025 stand er erstmals im Hauptfeld eines Grand Slams in Roland Garros.

„Studieren will ich auf jeden Fall nicht noch mal“, erklärte er grinsend im Interview mit Tennis Channel DE. Doch Hassan kennt auch schwierige Phasen: „Es gab eine Phase, in der ich gedacht habe, dass es keinen Sinn mehr macht, Tennis zu spielen. Ich hatte ein schlechtes Jahr und die negativen Gedanken haben überwogen.“

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Benjamin Hassan: "Will noch weiter gehen!"

Benjamin Hassan: "Meine Karriere war anders als bei anderen!"

Hassan blieb trotzdem dran – auch wenn sein Einstieg ins Profitennis unkonventionell war. „Meine Karriere war sehr spontan, sehr anders als bei anderen Spielern. Ich habe spät angefangen, dafür habe ich es gut gemacht.“ Doch er will mehr: „Die Top 100 erreichen, ein Challenger-Sieg wäre super. Ich war schon ein paar Mal im Finale, leider habe ich noch keins gewonnen.“

Seit acht Jahren tourt Hassan um die Welt. Als Top-200-Spieler ist er meist bei Challengern unterwegs, gelegentlich auch bei ATP-Events, wie im Sommer bei den BOSS Open in Stuttgart oder den Terra Wortmann Open in Halle.

Es ist so schön, wenn die Leute mich kennen, wissen, dass ich Deutscher bin und mich anfeuern. Leider haben wir nicht so viele deutsche Turniere.

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Der 30-jährige Benjamin Hassan wurde in Deutschland geboren und lebt auch dort. Davis Cup spielt der Top-200-Profi aber für den Libanon.

Der 30-jährige Benjamin Hassan wurde in Deutschland geboren und lebt auch dort. Davis Cup spielt der Top-200-Profi aber für den Libanon.

Hassan lebt in Koblenz, spielt im Davis Cup aber für den Libanon. Auf der Tour wechselte seine Flagge mehrfach. „Meine Eltern sind aus dem Libanon, ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen. Eigentlich bin ich komplett Deutscher, nur die Flagge ist libanesisch“, erklärt er. Und er ergänzt lachend: „In der ATP Player Zone hatte ich zeitweise sogar Japan, Tschechien oder die UK stehen. Aber jetzt bin ich froh, dass es endlich einheitlich ist.“

Aktuell wird Hassan also unter der libanesischen Flagge geführt. Allerdings verbringt er in seiner zweiten Heimat, dem Libanon, wenig Zeit. „Zweimal im Jahr bin ich da zum Davis Cup. Sonst habe ich keine Zeit“, sagte er. Grund dafür ist auch die „aktuelle Situation im Land“ wie er es nennt.

Aber mit seinem Landsmann, Kumpel und Davis Cup-Kollegen Hady Habib verbringt er viel Zeit. Die beiden verbindet eine freundschaftliche Rivalität. „Hady und ich haben eine kleine Rivalität, obwohl wir gut befreundet sind. So langsam fängt Tennis im Libanon durch uns zwei an zu boomen. Wir hoffen, dass viele libanesische Kinder zu uns aufsehen.“ Gleichzeitig bleibt er realistisch: „Natürlich gibt es im Libanon gerade andere Probleme als Tennis – leider.“

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Hassan über die Challenger-Tour: "Man hat so gute Gegner!"

Für ihn selbst geht es Woche für Woche weiter: mal Davis Cup, mal Challenger-Tour, zuletzt sogar in Las Vegas, einem Turnier, das wie viele andere, Hassans Weg in die Top 100 ebnen könnte.

„Die Challenger sind ein Sprungbrett. 80 Prozent der Spieler auf der ATP-Tour waren vorher dort.“ Doch der Weg nach oben ist hart: „Bei den Challengern, aber auch schon bei den Future-Turnieren können mittlerweile alle gut spielen. Früher konnte man da noch gut Punkte sammeln, aber mittlerweile hat man so gute Gegner. Die Leistungsdichte ist sehr hoch.“

Dennoch kann Hassan von diesen Turnieren enorm profitieren.

Das hilft einem enorm, sein Level zu erweitern, Konstanz ins Spiel zu bringen und Matchpraxis zu bekommen. Man hat viele Matches, viele Turniere. Deshalb ist das ein wichtiger Weg.

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Benjamin Hassan: "Das passiert den guten Jungs nicht!"

An seiner Weiterentwicklung arbeitet Hassan trotzdem stetig. „Der größte Mangel bei mir ist der Aufschlag. Die Jungs servieren alle so gut und das ist die halbe Miete. Dann noch Konstanz ins Spiel zu bringen, immer das gleiche Level zu halten. Das ist bei mir noch sehr schwankend.“

Er erklärt: „Ich kann sehr gut spielen und Top 100-Leute schlagen. Aber ich kann auch schlecht spielen und gegen schlechter platzierte Leute verlieren. Das passiert den guten Jungs nicht.“

Hinzu kommt die mentale Komponente: „Es ist mental tough. Du reist die ganze Zeit rum, bist bei vielen Turnieren, in vielen verschiedenen Ländern. Ich werde oft krank und das ist ein großes Problem bei mir.“

Doch die gute Nachricht ist: Hassan kennt seine Schwächen und an allen kann er weiterhin kontinuierlich arbeiten – denn ihm sind keine Grenzen gesetzt. „Es gibt viel Potenzial, aber es ist auch sauschwer daran zu arbeiten. Aufschlag ist so eine Sache, da gibt es kein Limit. Das kann immer besser werden.“

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Für Ausgleich sorgen seine Hobbys: Anime, Mangas, Schach, Musik. Und der Teamgeist. Nach Stationen in Ludwigshafen und Aachen spielt er nun für den TC Bredeney in der Bundesliga – und gewann mit dem Klub direkt den Titel der Tennis Channel Bundesliga 2025.

„Wir sind die ganze Zeit alleine unterwegs. Da wird man auch ein bisschen einsam. Deshalb freut man sich auf diese Team-Wettbewerbe immer umso mehr. Das ist eine schöne Abwechslung.“

Sein neues Team beschreibt er so:

Die sind alle verrückt. Aber Humor ist das allergrößte. Den haben wir alle. Wir haben Spaß – und das ist die Hauptsache.

Auch sich selbst sieht Hassan als „verrückt, humorvoll und lieb“. Als Spieler beschreibt er sich als „anders“ und „unorthodox“ – Eigenschaften, die seinen ganz eigenen Weg ins Profitennis geprägt haben. Und dieser Weg ist für ihn noch lange nicht zu Ende. Oder, wie er selbst sagt: „Ich will noch ein bisschen weiter gehen.“

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Benjamin Hassan im Gespräch mit Tennis Channel DE.

Benjamin Hassan im Gespräch mit Tennis Channel DE.