Mit Kampfgeist: Eva Lys musste bei den Australian Open in der Rod Laver Arena vor über 10.000 Zuschauern gegen Iga Swiatek ran.

Eigentlich war die Australien-Reise von Eva Lys bereits am 9. Januar 2025 beendet. An diesem Tag verlor sie nämlich im Finale der Qualifikation gegen Destanee Aiava. Ihr Vater und Coach Vladimir Lys war bereits auf der Heimreise nach Hamburg, als Lys fünf Minuten vor Match-Beginn die Nachricht erhielt, als Lucky Loserin für Anna Kalinskaya einspringen zu dürfen. Ohne Mittagessen, ohne ein weiteres Training oder ähnliches stürmte die 23-Jährige wenige Minuten später in die Showcourt-Arena im Melbourne-Park, um gegen die Australierin Kimberly Birrell aufzuschlagen.

Der Rest ist Geschichte! Denn Lys nutzte ihre zweite Chance und setzte sich erst gegen Birrell, dann gegen Varvara Gracheva und schließlich gegen Jaqueline Cristian durch, um erstmals in ihrer jungen Karriere in die vierte Runde, also die zweite Woche eines Grand-Slam-Turniers einzuziehen. „Das ist für mich die schönste Woche, die ich bisher in meiner Karriere hatte“, sagte Lys, die mit ihrem Einzug ins Achtelfinale auch ein bisschen Tennis-Geschichte schrieb.

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Eva Lys schrieb in Melbourne Geschichte, als sie als Lucky Loserin in die 4. Runde einzog.

Eva Lys schrieb in Melbourne Geschichte, als sie als Lucky Loserin in die 4. Runde einzog.

Denn seit das erste Major des Jahres 1988 in den Melbourne Park umgezogen war, ist sie die erste Lucky Loserin, der es gelang, die vierte Runde zu erreichen. „Das ist echt cool. Das sind coole Neuigkeiten, das wusste ich nicht“, entgegnete sie noch in einer Pressekonferenz, als ein Journalist ihr diese Errungenschaft mitteilte.

Eva Lys mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein

Allen Herausforderungen, denen sich Lys schließlich in den nächsten Tagen stellen musste, begegnete sie mit einem Lächeln und einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen. Denn sie hatte nichts mehr zu verlieren. Ganz im Gegenteil: Sie hatte schon reichlich gewonnen. Zwei Qualifikations-Matches sowie drei Siege im Hauptfeld brachten ihr schließlich einen Sprung von über 35 Plätzen in der Weltrangliste ein. Damit steht sie im aktuellen Live-Ranking erstmals unter den Top 100.

Und auch wenn die 23-jährige Hamburgerin nichts mehr zu verlieren hatte, ging sie dennoch nicht zum Verlieren in ihr Achtelfinal-Duell gegen die Weltranglisten-Zweite Iga Swiatek. „Ich glaube, ich bin für Iga in der vierten Runde keine einfache Spielerin, ich habe viel Selbstbewusstsein und bin sehr entspannt“, sagte Lys noch vor der Partie.

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Doch nicht ohne Grund zählt Iga Swiatek zu den haushohen Titelanwärterinnen bei den Australian Open 2025. In den ersten drei Runden gab die Polin keinen Satz ab und besiegte Rebecca Sramkova in Runde zwei mit 6:0, 6:2 sowie Emma Raducanu in Runde drei mit 6:1, 6:0. Es war klar: Swiatek ist eine Frau auf einer klaren Mission.

Eva Lys in der Night-Session vor über 10.000 Zuschauern gegen Iga Swiatek

Das machte sie schließlich auch Eva Lys am Montagabend in der Rod Laver Arena klar, als die beiden sich vor über zehntausend Zuschauern in der Night-Session gegenüberstanden. Einem Winner folgte der nächste, Lys rannte, um den Platz abzudecken und irgendwie auf dem Scoreboard aufzutauchen. Dabei kämpfte Lys bei jedem Ballwechsel mit brachialer Energie. Sie feuerte sich nach jedem gewonnenen Punkt an und versuchte irgendwie einen Fuß in die Partie zu bekommen. Doch so sehr sich die 23-Jährige auch anstrengte, Swiatek war nicht aufzuhalten.

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In der Rod-Laver-Arena vor über 10.000 Zuschauern spielte Eva Lys in der vierten Runde der Australian Open 2025 gegen Iga Swiatek.

In der Rod-Laver-Arena vor über 10.000 Zuschauern spielte Eva Lys in der vierten Runde der Australian Open 2025 gegen Iga Swiatek.

0:6 stand es aus Lys‘ Sicht nach weniger als 30 Minuten. Ein ernüchterndes Ergebnis für eine junge Dame, die sich so sehr gegen das Ausscheiden stemmte. Als die Lucky Loserin schließlich ihm zweiten Satz ein Aufschlagspiel durchbrachte und somit auf der Anzeigentafel aufploppte, ballte sie die Faust und grinste erleichtert, wenn auch verlegen. Vom Gewinnen war sie zwar weit entfernt, dafür nun aber etwas beruhigter, keinen Doppel-Bagel, also eine 0:6, 0:6-Niederlage, zu kassieren.

Genau 60 Minuten dauerte es schließlich bis Swiatek ihren Matchball zum 6:0, 6:1 verwandelte. Ein verdienter Sieg für die Polin, die erneut bewiesen hat, dass sie Aryna Sabalenka dicht auf den Fersen ist. Doch auch wenn Swiatek spielerisch einige Levels über Eva Lys stand, schaffte es die Deutsche, sich selbst treu zu bleiben und mit der Attitüde aufzutreten, mit der sie in den vergangenen Wochen die Tenniswelt in ihren Bann gezogen hatte: Saubere und kraftvolle Grundlinienschläge, ein Lächeln auf den Lippen und eine guten Portion Selbstbewusstsein, die aber keineswegs überheblich wirkt.

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Ein zaghafter Jubel: Eva Lys freute sich, als sie ihr erstes Spiel gegen Iga Swiatek holte.

Ein zaghafter Jubel: Eva Lys freute sich, als sie ihr erstes Spiel gegen Iga Swiatek holte.

Eva Lys: Wie sie ihre Reichweite nutzen will

Fest steht: Auch wenn die Reise von Eva Lys mittlerweile fast drei Wochen in Melbourne endet, geht nun ein ganz neues Erlebnis für die 23-Jährige weiter. Denn spätestens jetzt ist Lys keine Unbekannte mehr im Tenniszirkus. Auch der deutsche Topspieler Alexander Zverev fand warme Worte für Lys: „Ich finde, sie hat es sich sehr verdient, auf dem Centre-Court zu stehen. Ich hoffe, dass sie das mitnimmt und auch die nächsten Turniere weiter so spielen kann“, sagte er. „Ich kenne sie nicht super gut, aber ich habe von vielen Leuten gehört, dass sie unfassbar talentiert ist und sehr, sehr gut spielen kann.“

Doch es nicht nur das Talent im Tennissport, das Lys ausmacht. Vielmehr ist es ihr Charakter, ihre offene und aufgeschlossene Art und ihr Mut, auch die Themen anzusprechen, vor denen sich andere eher ducken. Das stellte sie bereits mehrfach unter Beweis, unter anderem in einem Interview mit Tennis Channel DE im August 2024, als sie sagte: „Frauen-Tennis bekommt nicht dieselbe Media-Coverage wie Männer-Tennis. Dabei geben wir uns genauso viel Mühe wie die Männer!“

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Sie betonte auch: „Als ich angefangen habe, Tennis zu spielen, war es für mich immer ein Traum, eine Reichweite zu haben, weil ich diese Reichweite für verschiedene Themen nutzen möchte, die für mich wichtig sind.“ Und spätestens jetzt, nach den Australian Open 2025, kann sich die Tenniswelt sicher sein: Von Eva Lys werden wir in Zukunft noch einiges zu sehen und (!) zu hören bekommen.

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